FEM Handrechnung 1 8
Aus ESOCAETWIKIPLUS
FEM-Theorie mit einem einfachen Beispiel (Mechanik)0
A..
B..
C1 C2 C3 C4 C5 C6 C7 C8 C9 C10 C11 C12
D..
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Z..
NL..
T..
3. Anwendung der Finite-Elemente-Methode
2. Schritt: Diskretisierung
Mit der Diskretisierung wird das Bauteil in Bereiche aufgeteilt, für die jeweils eine Ansatzfunktion zugrunde gelegt wird.
Das Bauteil von unserem Beispiel hier soll zunächst nur in zwei Bereiche (Elemente) eingeteilt werden. Für jeden Bereich (jedes Element) wählen wir folgende Eigenschaften:
- der Querschnitt ist konstant, also gleich über die Länge des Bereiches (Elementes),
- es werden nur Verschiebungen in Längsrichtung (hier x-Richtung) des Bereiches (Elementes) betrachtet und
- für die unbekannte Verschiebungsfunktion u(x) wird ein linearer Ansatz gewählt, das heißt, die gesamte Verschiebungsfunktion u(x) wird approximiert durch lineare Funktionen, die sich jeweils über einen Bereich (Element) erstrecken.
Durch den Zusammenbau der Elemente wird gewährleistet, dass die Verschiebungen an den Verbindungsstellen der Elemente, den Knoten, gleich groß sind.
Die Abbildung hier zeigt die beiden Elemente (eckig umrahmte Ziffern) und ihre drei End- bzw. Verbindungs-Knoten (rund umrahmte Ziffern). Das linke Element Nr. 1 hat die Eigenschaft, 40 mm hoch zu sein. Das rechte Elemente Nr. 2 ist 20 mm hoch. Am rechten Knoten greift die Zugkraft von 3000 N an.
Hier werden nochmal die Daten zusammengefasst, die im technischen Alltag für dieses Beispiels der FEM-Software übergeben werden:
- Elemente mit Stab-Eigenschaften,
- Knoten 1 liegt bei x = 0 mm, Knoten 2 bei x = 50 mm, Knoten 3 bei x = 100 mm,
- Element 1 erstreckt sich zwischen Knoten 1 und 2, Element 2 zwischen Knoten 2 und 3,
- Element 1 ist 40 mm hoch, Element 2 ist 20 mm hoch,
- das Material hat einen Elastizitätsmodul von 210000 N/mm2,
- Knoten 1 ist fest eingespannt und
- an Knoten 3 greift eine Kraft von 3000 N an.
Die Verschiebungen sind im unteren Teil der Skizze abgeschätzt. Sie nehmen entlang jedes Elementes linear zu. Im linken Element Nr. 1 mit dem großen Querschnitt erwarten wir eine geringe Zunahme, die Kurve ist flach. Im rechten Element Nr. 2 mit dem geringen Querschnitt erwarten wir eine stärkere Zunahme, die Kurve ist steiler.
Anmerkung für den Praktiker
Als Praktiker können Sie jetzt entscheiden, ob Sie direkt zum 3. Schritt: Lösung, Aufstellen des Gleichungssystems, Seite C7 weitergehen. Dort werden die Zahlenwerte unseres Beispiels verwendet und damit die Elementsteifigkeitsmatrizen [K]e, die Gesamt-Steifigkeitsmatrix [K] und der Vektor {F} für unser Beispiel mit zwei Elementen aufgestellt. Dies ist der Ablauf, wenn eine FEM-Software eingesetzt wird.
In dieser Software sind Formeln und Regeln einprogrammiert. Welche Überlegungen führen zu diesen Regeln? Warum sind sie gerechtfertigt? Möchten Sie dies kennenlernen?
Dann können Sie auf den hier folgenden Seiten zunächst noch sehen, WARUM diese Formeln und Regeln verwendet werden.
Die folgenden Gleichungen müssen wir hier aufstellen, um alle Zahlenwerte verstehen und verfolgen zu können. Im technischen Alltag sind diese Gleichungen die Grundlage der FEM-Software. Sie sind einprogrammiert und werden bei der Anwendung vom Computer ausgeführt.
Wir betrachten nun allgemein jedes dieser Elemente. Der linke Knoten des Elementes wird als Knoten I bezeichnet. Der rechte Knoten wird als Knoten J bezeichnet.
Die Approximation des Verschiebungsverlaufes in jedem Element wird mathematisch mit einer Geradengleichung geschrieben als
Dabei sind a und b zunächst freie Konstanten. Anstelle der Konstanten a und b werden die Verschiebungen uI und uJ der Endknoten des Elementes als Unbekannte eingeführt. Die Knotenverschiebungen werden auch als Freiheitsgrade bezeichnet.
Die Randwerte der Funktion ergeben sich daraus, dass bei x = 0 die Verschiebung diejenige des linken Knotens I ist
und bei x = L (mit L = Elementlänge, also am rechten Ende des hier betrachteten Elementes) die Verschiebung diejenige des rechten Knotens J ist
Daraus lassen sich die Konstanten a und b ersetzen durch die Verschiebungen an den Endknoten. Wir erhalten dann für b die Verschiebung am Endknoten I
und für a die Steigung der Funktion aus der Verschiebungsdifferenz beider Enden, geteilt durch die Länge L und damit
Die Ansatzfunktion kann damit auch geschrieben werden als
oder umgestellt als
Die Ansatzfunktion enthält jetzt die Verschiebungen an den Endknoten I und J als Unbekannte. Die Länge L ist aus den Bauteilabmessungen und der Elementteilung bekannt.
Es ist üblich, die Ausdrücke vor den Verschiebungen an den Endknoten zusammen zu fassen zu
Diese Ausdrücke, die sich hier ergeben als
werden als Formfunktionen bezeichnet. Die Verschiebungsfunktion wird damit durch ein Produkt aus Knotenverschiebungen (Freiheitsgraden) und Formfunktionen beschrieben.
In Matrizenschreibweise lautet dann die Verschiebungsfunktion
Die Anteile der Formfunktionen N können als Einheitsverschiebungen mit
- mit uI = 1 und uJ = 0 für NI bzw.
- mit uI = 0 und uJ = 1 für NJ
betrachtet werden.
Im allgemeinen Fall (2-d oder 3-d Theorie) besteht [N] aus mehreren Zeilen. Die Funktion u ist sowohl in x- als auch in y- und z-Richtung anzusetzen. Im allgemeinen Fall sollte man den Zusammenhang zwischen den Verschiebungskomponenten ux,uy,uz an einer beliebigen Position x,y,z im Element, ausgedrückt über die Formfunktionen N und die Verschiebungen an den Endknoten des Elementes u schreiben als
Was ist das Wesentliche hierbei?
Bei der Diskretisierung wurde das Berechnungsmodell (also das idealisierte Bauteil) in Elemente aufgeteilt. Dies wird im technischen Alltag durch die FEM-Software ausgeführt, der Anwender kann aber steuern und eingreifen und die Aufteilung nach eigenen Vorstellungen beeinflussen.
Für das hier untersuchte einfache Beispiel ist hier eine Aufteilung in 2 Elemente gewählt worden.
Der Zusammenhang zwischen den Eigenschaften der Aufgabenstellung (Geometrie, Randbedingungen, Lasten) und der Verschiebung, Dehnung und Spannung (auf der nächsten Seite) an jeder Position entlang des Elementes, der hier hergestellt wurde, dient bereits als Grundlage für die nun folgende Lösung.
Wir werden auf den folgenden Seiten sehen, wie die Verschiebungen der Knoten berechnet werden. Damit ist dann für jedes Element alles im "Inneren" berechenbar.
Im technischen Alltag geht es um Bauteile wie
- den Turm einer Windkraftanlage,
- die Karosserie eines PKW oder
- die Flügel einer künstlichen Herzklappe.
Solche Bauteile müssen nur noch angemessen in Elemente aufgeteilt werden. Dann folgt die Lösung im Prinzip den hier gezeigten Schritten. Die Anzahl der Elemente, Zahlenwerte und Rechenschritte kann der Computer leicht bewältigen...