Dehnung

Aus ESOCAETWIKIPLUS

Wechseln zu: Navigation, Suche

engl: strain          Kategorie: Aa-leerbild.jpg Level 2 Mechanik


Allgemeine Informationen hierzu finden Sie zum Beispiel bei wikipedia:Dehnung

Inhaltsverzeichnis

Simulation

Dehnung ist in der Strukturmechanik die Längenänderung eines Gebietes, bezogen auf die Ausgangslänge

Dehnung-1.jpg

Die Dehnung ist dimensionslos.

Dehnung-4.jpg

Bei der Simulation wird im allgemeinen von relativ geringen Dehnungen ausgegangen. In diesen Fällen wird die hier angegebene Definition der Dehnung verwendet, man spricht dann von der Ingenieur-Dehnung.

In der Abbildung rechts ist für ein Materialvolumen mit quadratischem Querschnitt skizziert, welche Formänderung sich durch eine Normaldehnung (links und Mitte) und eine Schubdehnung (rechts) in der Ebene ergibt. Im allgemeinen Fall eines 3-dimensionalen Materials muss man 6 Komponenten der Dehnung berücksichtigen: 3 Normal- und 3 Schubdehnungen. Diese Dehnungen zusammen stellen den Dehnungs- oder Verzerrungszustand an einem Ort des Materials dar. Für technische Bewertungen können daraus Vergleichsdehnungen abgeleitet werden (in Anlehnung an Vergleichsspannungen).

Beispiele

Dehnung-3.jpg

Zugprobe

In der Abbildung rechts ist eine Materialprobe mit einem rechteckigen Querschnitt (hellgrau) gezeigt. In der Längsrichtung wird diese Probe mit einer Kraft belastet.

Im linken Teilbild wirkt diese Kraft als Zugkraft, sie zieht die Probe in die Länge. Diese Längenänderung wird Längsdehnung genannt, weil sie der Ausrichtung der Probe folgt. Quer zu dieser Richtung wird die Probe schmaler durch den Einfluss der Querkontraktion. Diese Änderung der Abmessung in Querrichtung wird Querdehnung genannt. Diese beiden Begriffe beziehen sich damit auf das Bauteil, sie tauchen oft in der Praxis auf, sie sind aber weniger für theoretische Betrachtungen geeignet.

Im rechten Teilbild wirkt diese Kraft als Druckkraft, sie verkürzt die Probe. Diese Längenänderung wird weiterhin Längsdehnung genannt, weil sie der Ausrichtung der Probe folgt, auch wenn sie eine "Verkürzung" darstellt. Quer zu dieser Richtung wird die Probe breiter durch den Einfluss der Querkontraktion (auch wenn hier quer nicht eine Kontraktion, sondern das Gegenteil vorliegt). Diese Änderung der Abmessung in Querrichtung wird auch weiterhin Querdehnung genannt. Wie vorher beziehen sich diese beiden Begriffe auf das Bauteil.

Bei einer theoretischen Betrachtung kann im Fall der Zugkraft (linkes Teilbild) von einer positiven Normaldehnung in Vertikalrichtung und einer negativen Normaldehnung in Horizontalrichtung gesprochen werden (also ohne Bezug zu Bauteilrichtungen, sondern mit Bezug zu einem Koordinatensystem). Im Fall der Druckkraft sind die Vorzeichen der Normaldehnungen umgekehrt.

Spannung-mech-1.jpg

Zugstange

Als Beispiel des technischen Alltags ist hier eine Zugstange gezeigt. Wir betrachten hier den Fall, dass diese Zugstange nur Längskräfte überträgt, die in den Bohrungen an den Enden durch die (hier nicht dargestellten) Bolzen eingeleitet werden. Die Skizze zeigt die Last. Durch die resultierende Zugkraft wird die Zugstange länger. Die Dehnung kann als relative Längenänderung - also Längenänderung bezogen auf die Ausgangslänge - bestimmt werden. Dazu sollte man hier bei der Zugstange im mittleren gleichmäßigen ungestörten Bereich eine kleine Ausgangslänge betrachten und deren Längenänderung ansehen.

Grundlagen: allgemeiner Fall

Im allgemeinen 3-dimensionalen Fall wird ein infinitesimales kleines Volumen des Materials betrachtet. Es ist üblich, die Dehnung mathematisch als Tensor mit Komponenten zu beschreiben. Die Komponenten des Dehnungstensors sind von den Raumrichtungen am betrachteten Ort abhängig. Dieser Tensor mit allen Komponenten beschreibt den Dehnungs- bzw. Verzerrungszustand an diesem Ort (dV) des Materials, das ist also die "Dehnung" bzw. "Verzerrung", die üblicherweise als Maß für die Verformung des Materials verwendet wird.

Die einzelnen Komponenten des Dehnungstensors können als vektorielle Größen mit Betrag und Richtung verstanden werden. Komponenten senkrecht zur Bezugsfläche sind Dehnungen (oder Normaldehnungen) ε, Komponenten in der Fläche sind Schiebungen γ.

Der Dehnungstensor ist symmetrisch in Bezug auf die Hauptdiagonale.

Das Koordinatensystem, das hier an dem kleinen Kontroll-Volumen dV skizziert ist, ist das Bezugssystem für die hier skizzierten Dehnungskomponenten. Wenn dieses Bezugssystem gedreht wird, dann ändern sich die Dehnungskomponenten, aber: der Dehnungs- bzw. Verzerrungszustand bleibt gleich.

Anteile der Dehnung

Dehnungen können durch mechanische Lasten hervorgerufen werden, aber auch durch andere Effekte hervorgerufen werden. Daher sollte man genau beschreiben, welche Dehnung gemeint ist, um Missverständnisse zu vermeiden. Hier sind die wesentlichen Anteile der Dehnung dargestellt:

(weitere Details hierzu siehe bei Dehnungs-Anteilen).

Wenn aus mehreren Dehnungs-Anteilen eine Vergleichsdehnung berechnet wird, dann muss zunächst komponentenweise die Summe der Anteile gebildet werden und daraus die Vergleichsdehnung berechnet werden. Es ist falsch, aus den Anteilen Vergleichsdehnungen zu berechnen und diese dann zu summieren.

Technischer Alltag und Simulation

Im technischen Alltag sehen Sie eine Längenänderung des Bauteils und denken sofort an eine Dehnung. Das ist plausibel, kann aber zu Missverständnissen führen. So wie hier vorher die Anteile der Dehnung erläutert worden sind, sehen Sie eigentlich nur die Gesamtdehnung. Die darin enthaltenen einzelnen Anteile sind damit noch nicht zu erkennen.

Satoh-0-2.jpg

Nehmen wir als Beispiel eine längliche Probe aus Stahl (Satoh-Beispiel). Sie wird in Längsrichtung zwischen festen Auflagern eingesetzt und erwärmt. Ein solcher Fall ist sehr ausführlich in der Folge über Schweißeigenspannungen erläutert.

Was passiert mit dieser Probe? Von außen betrachtet ändert sich an der Probe nichts, die festen Auflager an beiden Seiten lassen keine Längenänderung zu. Aber wenn die Probe erwärmt wird, dehnt sie sich aus. Wo bleibt diese Ausdehnung? In der Simulation wird dieser Effekt der thermischen Ausdehnung einbezogen. Zusammen mit der Elastizität des Materials (die mit dem Elastizitätsmodul zu tun hat) und den festen Auflagern (die in der Lösung berücksichtigt werden) ergibt sich

Das Beispiel ist ein Fall, bei dem von außen keine Dehnung erkennbar ist, jedoch einige Effekte durchaus Dehnungsanteile und auch Spannungen ergeben.

In der Praxis

Wenn die Voraussetzung, dass die Dehnungen relativ gering sind, nicht mehr gegeben ist und sich der Querschnitt deutlich ändert, muss die Definition der logarithmischen Dehnung verwendet werden. Hierbei wird die Dehnung berechnet aus der Längenänderung bezogen auf den aktuellen Querschnitt

Dehnung-2.jpg

Bei der Lösung der FEM-Anwendung sind zusätzliche Effekte durch das Zulassen von großen Dehnungen zu berücksichtigen.

Ingenieurdehnung εing Green-Lagrange εGL logarithmisch εlog
-1 -0,5 -∞
-0,5 -0,375 -0,693
-0,05 -0,04875 -0,0513
-0,01 -0,00995 -0,01005
-0,001 -0,001 -0,001
0 0 0
0,001 0,001 0,001
0,01 0,01005 0,0095
0,05 0,05125 0,04879
0,5 0,625 0,4055
1 1,5 0,693

Sonstige Begriffe

Hier finden Sie ein Beispiel, in dem die wesentlichen Anteile der Dehnung dargestellt werden.

Dehnungen im Material gehen im allgemeinen mit Spannungen einher. Dehnungs- bzw. Verzerrungszustand und Spannungszustand haben vergleichbare Eigenschaften (Tensor-Schreibweise, gleiche Hauptrichtungen).

Dehnungen und Spannungen sind über das Stoffgesetz miteinander verbunden. Das Verhältnis von Spannung zu Dehnung kann auch als Elastizität bezeichnet werden.

Bei der Validierung der Simulation wird ein Vergleich mit experimentellen Ergebnissen hergestellt. Dabei werden oft Dehnungsmessstreifen (DMS) verwendet. Bei der Beschreibung zu DMS finden Sie auch Hinweise darauf, wie die Ergebnisse der Simulation direkt mit den Messwerten der DMS in Beziehung gesetzt werden können.

Ein Sonderfall in der Strukturmechanik liegt beim ebenen Dehnungszustand vor.

Literatur

Zur Unterscheidung der in der Simulation gebräuchlichen Dehnungs-Definitionen wird folgende Veröffentlichung empfohlen: Rust(2011)


Weiterführende Informationen

Ein weiterführendes Seminar speziell hierzu finden Sie unter "Wissen" auf der Homepage von CADFEM.

Praktische Vorgehensweise als Video

Eine Darstellung der praktischen Vorgehensweise finden Sie auf dem CADFEM YouTube Kanal. Das dort angebotene CADFEM Tutorial Nr. 1 - Statik: Berechnung von Spannung & Verformung mit ANSYS®Workbench™ zeigt die Durchführung einer Strukturmechanik-Simulation.

Persönliche Werkzeuge
Namensräume
Varianten
Aktionen
Navigation