Ebener Dehnungszustand

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engl: plane strain condition          Kategorie: Aa-leerbild.jpg Level 2 Theorie Mechanik

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Ein ebener Dehnungszustand in einem ebenen Element liegt dann vor, wenn ein 3-dimensionales Bauteil in zwei Raumrichtungen Längenänderungen aufweist, in der dritten Raumrichtung jedoch keine Längenänderungen auftreten.

Hierfür wird auch die Bezeichnung ebener Verzerrungszustand verwendet.

Durch die Zwängung in Längs-(z-)Richtung, die die Längenänderung verhindert, treten Spannungen in dieser Richtung auf. Es ist also grundsätzlich bei einem ebenen Dehnungszustand mit einem 3-dimensionalen Spannungszustand zu rechnen.


Inhaltsverzeichnis

Simulation

Durch die Annahme, dass ein ebener Dehnungszustand vorliegt, kann man ein 3-dimensionales Bauteil mit einem 2-dimensionalen Modell simulieren. Das Modell umfasst dann die Fläche des Schnittes. Bei der Diskretisierung werden ebene Elemente ausgewählt und auf "ebener Dehnungszustand" (plane strain) eingestellt. In den Element-Ansatzfunktionen wird der ebene Dehnungszustand berücksichtigt. Es ergeben sich ebene Verschiebungen und ebene Dehnungen, aber 3-dimensionale Spannungen. Dies ergibt eine deutliche Reduktion des Modellierungs- und Berechnungsaufwandes.

Das Modell repräsentiert dann einen Abschnitt des Bauteils, der in der 3. Dimension "1" lang ist (also 1 [m], wenn Sie mit der Längeneinheit [m] rechnen, oder 1 [mm], wenn Sie mit der Längeneinheit [mm] rechnen). Dies sollte für Lasten beachtet werden.

Sonderfälle wie der "generalisierte ebene Dehnungszustand" erlauben es, auch andere Bauteil-Formen und -Belastungen mit einem 2-dimensionalen Modell zu simulieren.


Beispiele

Damm

Die Bedingung des ebenen Dehnungszustandes tritt zum Beispiel in einem langen geraden Damm oder Deich auf: jeder Schnitt quer durch den Damm bleibt unverändert an dieser Längs-(z-)Position, unabhängig davon, ob der Wasserdruck hoch oder gering ist. In dieser Längs-(z-)Richtung können also keine Dehnungen auftreten. Dehnungen können nur in der Ebene des hier angenommenen Schnittes durch den Damm auftreten (meistens als x-y-Ebene bezeichnet).

Der ebene Dehnungszustand liegt genau genommen nur in einem unendlich langen Damm vor. In der Praxis ist diese Bedingung umso weniger zutreffend, je näher der betrachtete Schnitt am Ende des Dammes liegt.


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Eisenbahn-Schiene

Die Bedingung des ebenen Dehnungszustandes tritt zum Beispiel in einer Eisenbahn-Schiene auf. Stellen Sie sich einen sehr langen Schienenstrang vor. Eine Längsausdehnung kann nicht auftreten, weil die Schwellen die Schiene halten. Was passiert bei einem Aufheizen der Schiene? Dies ergibt eine thermische Dehnung auch in Längsrichtung, aber weil eine Längenänderung der Schiene nicht möglich ist, entsteht eine elastische Längsdehnung in gleicher Höhe und damit eine Längs-Druckspannung. Genau genommen beträgt hierbei die Summe der Längsdehnungen (aus thermischer und elastischer Dehnung) Null.


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Zahn eines Stirnrades

In der Abbildung rechts ist ein Stirnrad eines Getriebes zu sehen. Die Zähne sind gerade (Geradverzahnung). Beim Eingriff der Zähne der Gegenseite wirkt die Kraft, die zwischen den Zähnen übertragen wird, (theoretisch) entlang einer Linie auf den Zahn und erzeugt im Zahn im wesentlichen eine Biegespannung und eine Schubspannung. In der Mitte und am Ende des Zahnes liegen besondere Bedingungen vor: in der Mitte (nahezu) ein ebener Dehnungszustand und am Ende ein ebener Spannungszustand.

Der ebene Dehnungszustand in der Mitte ergibt sich theoretisch für einen unendliche langen Zahn. Dann kann die Mittelfläche sich unter mechanischen Belastungen nur in der Ebene verformen. Denn jede Verformung quer (normal) zu dieser Fläche würde seitlich daneben ebenso anzunehmen sein, und in jeder weiteren seitlich verschobenen Fläche ebenso... und insgesamt müsste dann der Zahn kürzer oder länger werden, aber das kann ja nicht sein. Also: in der Mittelfläche können (nahezu) keine Verschiebungen oder Dehnungen entlang des Zahnes auftreten. Es können also nur Dehnungen in der Ebene der Fläche vorhanden sein. Dies ist ein ebener Dehnungszustand.

Der ebene Dehnungszustand wird durch den Rand des Zahnes "gestört". Also: je länger der Zahn ist, umso genauer liegt ein ebener Dehnungszustand vor. Anders herum: je näher die betrachtete Fläche zum Rand geschoben wird, umso mehr sind Dehnungen in Zahn-Längsrichtung wichtig.

Die Bedingungen in der Mitte des Zahnes können mit einem FEM-Modell simuliert werden, das ebene Elemente enthält. Das Verhalten dieser Elemente muss dann auf "ebener Dehnungszustand" (plane strain) eingestellt werden.

Bauteile mit ebenen Querschnitten und Längsdehnung ungleich Null

Üblicherweise erstellt man ein FEM-Modell mit den Annahmen des ebenen Dehnungszustandes mit einem 2-dimensionalen (ebenen) Bauteil-Querschnitt und der Wahl eines Elementtyps, für den die entsprechende Eigenschaft des ebenen Dehnungszustandes eingeschaltet wird. Dies hat den Vorteil, dass die Modellierung einfach ist, und den Nachteil, dass man fachfremden Zuhörern viel erklären muss. Nachteilig ist auch, dass zusätzliche Einflüsse wie Längskräfte nicht berücksichtigt werden können.

Stellen Sie sich dagegen ein langes schlankes Bauteil mit einem ungleichförmigen Querschnitt unter einer Zugbelastung vor. Jeder Querschnitt bleibt unter dieser Last eben (dies ähnelt damit dem ebenen Dehnungszustand), aber es tritt eine Längenänderung auf.

Für dieses Bauteil kann zum Beispiel ein 3-dimensionales FEM-Modell verwendet werden, das auf einen 2-dimensionalen (ebenen) Bauteil-Querschnitt aufbaut und durch Extrudieren mit einer Elementhöhe zu einem 3-dimensionalen Modell erweitert wird. Der Modellierungsaufwand ist gering, da die Netzaufteilung in der Ebene beibehalten wird. Der ebene Dehnungszustand würde identisch dadurch erreicht werden, dass die Längsverschiebungen an beiden Schnittflächen festgehalten werden. Für das hier vorliegende Bauteil wird das Modell nur an einer Schnittfläche in Längsrichtung festgehalten, an der anderen
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Schnittfläche aber in Längsrichtung gekoppelt (siehe auch Bindung von Freiheitsgraden). Damit stellen beide Schnittflächen ebene Querschnitte dar, die sich als ebene Flächen in Längsrichtung verschieben können. Damit ist die Idealisierung von beliebigen Längskräften möglich. Das Icon "Mechanik" rechts führt Sie zu einem ausführlichen Beispiel.

Sonstige Begriffe

Sonstige besondere Bedingungen, die eine solche Reduktion erlauben, sind der ebene Spannungszustand und Axisymmetrie.

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