Idealisierung
Aus ESOCAETWIKIPLUS
engl: idealization, modeling Kategorie:
Level 1 Methoden
Die Idealisierung ist die Umsetzung der Realität in das Simulationsmodell.
Diese Umsetzung erfolgt im wesentlichen durch "Denkarbeit", also durch
Schlussfolgerungen und Entscheidungen des Anwenders.
Grundlage der Idealisierung sind
- das Bauteil, das zu simulieren ist,
- die Ziele der Simulation und
- die Bedingungen, die auf das Bauteil einwirken.
Diese Grundlagen hängen eng miteinander zusammen.
Inhaltsverzeichnis |
Das Bauteil, das zu simulieren ist
In der Realität ist ein Bauteil oder allgemein das, was zu simulieren ist, in einer Maschine, einem System oder in der Umgebung eingebettet. Für die Simulation muss das zu simulierende Gebiet festgelegt werden und von den anderen umgebenden Bereichen "freigeschnitten" werden.
Durch das "Freischneiden" sind an den Schnittgrenzen die Einwirkungen der nicht modellierten Bereiche durch Randbedingungen (Lagerungen oder Lasten) zu ersetzen.
Die Idealisierung (das "Übersetzen") der Realität in die Simulation betrifft die Eigenschaften des Bauteils bzw. Berechnungsgebietes. Dazu zählen Vereinfachungen der Bauteilform (aus langen dünnen Abschnitten werden Stäbe oder Balken, aus dünnen flachen Abschnitten werden Schalen, Details werden weggelassen, usw.). Dazu zählen auch Materialeigenschaften und Materialmodelle, mit denen das reale Materialverhalten in ein numerisches Modell umgesetzt wird.
Im technischen Alltag wird vielfach die Geometrie aus CAD übernommen. Dieses CAD-Modell sollte bei der Idealisierung vereinfacht (defeatured) werden. Denn meistens sind für die Simulation nicht alle Details notwendig, die im CAD-Modell enthalten sind. Oder für Magnetfeld-Simulationen muss die umgebende Luft mit modelliert werden. Auch in Hinsicht auf die Ziele der Simulation kann oftmals auf zahlreiche Details verzichtet werden und so Aufwand vermieden werden.
Die Ziele der Simulation
Für die Idealisierung müssen die Ziele der Simulation bekannt sein. Die "Übersetzung" der Realität in das Simulationsmodell (Idealisierung) betrifft direkt die Validierung der Simulation, also den Vergleich des Simulationsergebnisses mit den Beobachtungen und Messwerten aus der Realität oder dem Experiment.
In vielen Fällen wird die Simulation als Sicherheits- oder Tragfähigkeits-Nachweise ausgeführt. Dann werden Mindestwerte der Bauteil-Amessungen, maximale oder hypothetische Annahmen zu den Randbedingungen und besondere Sicherheitsbeiwerte für die Bewertung der Ergebniswerte gewählt.
Die Bedingungen, die auf das Bauteil einwirken
Die Randbedingungen, die auf das Bauteil einwirken, müssen auch aus der Realität "übersetzt" werden in die Simulation. Diese Idealisierung der äußeren Einwirkungen hängt direkt vom Bauteil und von den Zielen ab.
Zusammenhang
- Die Idealisierung
ist die Voraussetzung für die weiteren Schritte der Simulation:
- die Diskretisierung,
- die Lösung,
- die Auswertung und
- die Bewertung.
Beispiel
Rechts ist eine Halteschlaufe dargestellt. Es ist ein Blech, das an der Wand befestigt ist. An der Öse ist eine schwere Last aufgehängt.
Das Bauteil, das zu simulieren ist, ist in diesem Fall die Halteschlaufe. An der Wand kann sie als perfekt befestigt betrachtet werden. Die anhängende Last wird ersetzt durch die Kraft, die sie auf die Halteschlaufe ausübt.
Das Ziel der Simulation besteht hier darin, die mechanischen Verformungen und Spannungen zu simulieren.
Die Bedingungen, die auf das Bauteil einwirken, sind hier die Befestigung an der Wand links und die Kraft durch die anhängende Last.
Dieses Beispiel ist auch weiter verfolgt zur Diskretisierung und zur Auswertung.
Beispiel
In dem rechts dargestellten Bild ist die Halle des Berliner Hauptbahnhofes gezeigt. Die Dachkonstruktion ist eine komplizierte Anordnung von Tragprofilen, Streben, Zugbändern und Glasflächen. Als Beispiel schildern wir folgende Aufgabenstellung.
Das Bauteil, das zu simulieren ist, ist in diesem Fall ein Feld, bestehend aus einigen Trägern und den dazwischen liegenden Glasflächen. Für die Simulation muss dieser zu untersuchende Bereich virtuell herausgetrennt, "freigeschnitten" werden. Die Abstützpunkte zu benachbarten Trägern wirken als Lagerung dieses freigeschnittenen Modells, sie stellen damit Randbedingungen für den zu untersuchenden Bereich dar.
Dsa Ziel der Simulation besteht hier darin, einen Nachweis über die ausreichende Sicherheit gegen Einsturz zu führen. Dazu gibt es Regelwerke für das Bauwesen. Sie schreiben zum Beispiel vor, welche Spannungen zugelassen sind, wenn "normales" Wetter oder Sturm oder hoher Schnee vorhanden sind. Damit sind die Spannungen ein Ziel der Simulation.
Die Bedingungen, die auf das Bauteil einwirken, ergeben sich hier aus dem Ziel der Simulation. Es sind die Lastannahmen aus dem Regelwerk wie Eigengewicht, Wind- oder Schnee-Last.
Selbststudium
Einfaches Beispiel der Strukturmechanik
Für ein einfaches Beispiel der Strukturmechanik wird hier die Idealisierung der Aufgabenstellung gezeigt (1 Seite, 5 min).
Beispiel für Mediziner
Zum Selbststudium finden Sie hier für Mediziner Anmerkungen zur Idealisierung einer Mandibula. Es wird der Aufwand, der Nutzen und das Ergebnis dargestellt. (22 Seiten, 40..80 min)
Beispiel für dynamische Simulation in der Strukturmechanik
Ein besonders anschauliches Beispiel einer Idealisierung in der Strukturmechanik finden Sie hier. Das Beispiel ist besonders für praktisch veranlagte Interessenten vorgesehen, die gerne experimentieren. (5 Seiten, 15..30 min)