Rayleigh-Dämpfung

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engl: Rayleigh damping          Kategorie: Aa-leerbild.jpg Level 3 Mechanik Material Theorie


Die Rayleigh-Dämpfung ist ein Modell, um in einer dynamischen Simulation der Strukturmechanik die Werkstoff- oder Materialdämpfung zu berücksichtigen.

Inhaltsverzeichnis

Simulation

Für die Simulation der Strukturdynamik eines N-Massenschwingers wird eine Dämpfungsmatrix C benötigt, wenn Dämpfung berücksichtigt werden soll. Während für die Massen- und Steifigkeitsmatrix Materialdaten wie Dichte und Elastizitätsmodul verfügbar sind, existiert kein derartiger Materialparameter für die Dämpfung. Daher wird sehr häufig die Rayleigh-Dämpfung verwendet. Sie beruht auf der Annahme, dass die Verteilung der Masse oder der Steifigkeit ein Maß für die Verteilung der Dämpfung ist. Die Rayleigh-Dämpfungsmatrix CR ergibt sich dann aus der Massenmatrix M und der Steifigkeitsmatrix K zu

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wobei α und β die zu wählenden Rayleigh-Koeffizienten sind. Der Vorteil dieser Dämpfungs-Hypothese (die auch als "Bequemlichkeitshypothese" bekannt ist) besteht darin, dass mit nur zwei Parametern eine globale Systemdämpfung beschrieben werden kann. Dies ist zugleich auch ein Nachteil, da damit in der Regel die reale Dämpfung nur sehr grob angenähert wird.

Theoretische Grundlagen

Im Sinne der Modalanalyse erfüllt dieser Ansatz die Orthogonalitätsbedingungen, die gedämpften Schwingungseigenformen sind identisch mit den ungedämpften. Daraus ergibt sich ein weiterer Vorteil der Rayleigh-Dämpfung, denn eine solche Dämpfungsmatrix erlaubt die Entkopplung der Bewegungsgleichungen

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wobei Φi der zur Masse normierte Eigenvektor ist. Mit der modalen viskosen Dämpfung ξn der n - ten Eigenform zu

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lässt sich der Zusammenhang zwischen α und β und dem Dämpfungsgrad dieser Eigenform zeigen:

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Mit einem Paar Rayleigh-Koeffizienten α und β ergibt sich also im allgemeinen für jede Eigenkreisfrequenz ωn ein anderer Dämpfungsgrad.

In der Regel sind α und β nicht bekannt, sie lassen sich auch nicht direkt messtechnisch ermitteln. Indirekt können sie z.B. aus dem Dämpfungsgrad interessierender Eigenfrequenzen bestimmt werden.

Für α-Dämpfung ist der Dämpfungsgrad ξn proportional zum Kehrwert der Frequenz. Dagegen wächst der Dämpfungsgrad ξn linear mit β–Dämpfung an.

Physikalische Beschreibung von α und β

Der Term αM kann physikalisch mit der Dämpfung einer schwingenden Struktur durch ein umgebendes Medium beschrieben werden und ist im Sinne einer äußeren Dämpfung zu verstehen. Diese sogenannte massenproportionale Dämpfung wirkt besonders intensiv auf die unteren Eigenfrequenzen. Sie bedämpft demnach auch Starrkörperbewegungen. Dies ist besonders zu beachten, wenn Aufgabenstellungen berechnet werden, bei denen eine “Freiflugphase” auftritt, also ein Zeitraum, in dem sich ein Bauteil frei im Raum bewegt. Dies ist zum Beispiel beim freien Fall eines Bauteils in Richtung auf eine Unterlage beim Falltest gegeben. Durch die massenproportionale Dämpfung wird bereits der freie Fall gedämpft, so dass nicht mehr die gesamte potentielle Energie des Anfangszustandes zum Aufprallzeitpunkt als kinetische Energie zur Verfügung steht.

Der Term βK kann als innere Dämpfung oder als Werkstoffdämpfung interpretiert werden, da er von elastischen Verformungen des Systems abhängig ist. Diese sogenannte steifigkeitsproportionale Dämpfung wirkt besonders intensiv auf die höheren Eigenfrequenzen. Starrkörperbewegungen werden von diesem Dämpfungsanteil nicht bedämpft.

Die unten gezeigte Abbildung zeigt, dass bei kombinierter Rayleigh-Dämpfung (α und β) ein bestimmter Dämpfungsgrad ξn (horizontale gestrichelte Linie) nur in zwei Eigenformen auftreten kann. Die Dämpfung in allen anderen Eigenformen ergibt sich als abhängige Größe. Die Abbildung zeigt, dass der α-Anteil die niedrigen Frequenzen stark dämpft, wohingegen der β-Term auf die hohen Frequenzen einwirkt. Für Eigenschwingungsformen mit Frequenzen zwischen f1 und f2 ändert sich wegen des flachen Kurvenverlaufs die Dämpfung nur wenig.

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Soll in einem Frequenzbereich zwischen f1 und f2 nahezu ein konstanter Dämpfungsgrad realisiert werden, dann berechnen sich die Rayleigh-Koeffizienten α und β mit ωi = 2πfi wie folgt:

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Anhaltswerte

In der nachfolgenden Tabelle sind Anhaltswerte zum Dämpfungsgrad der viskosen Dämpfung linearer Systeme für einige Werkstoffe und Konstruktionen angegeben. Die Zahlenwerte sind verschiedenen Quellen entnommen (Fachliteratur, Berechnungsregeln, Veröffentlichungen) und jeweils nur für den besonderen Fall zutreffend. Daher sind diese Werte nicht als allgemein gültig anzusehen, sondern nur als Anhaltswerte. Dem FEM-Berechner soll damit eine Größenordnung erkennbar werden. Wenn bei einer Anwendung das Ergebnis deutlich von der Dämpfung abhängt, so wird es im allgemeinen nicht zu umgehen sein, die Dämpfung für den Anwendungsfall zu messen. Möglicherweise sind Vorgaben aus Berechnungsregeln einzusetzen und damit experimentelle Schritte unnötig. Es wäre daher unseriös, die unten aufgeführten Anhaltswerte als allgemeingültig zu bezeichnen.

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