Spin softening
Aus ESOCAETWIKIPLUS
engl: spin softening Kategorie: Level 3 Mechanik Theorie
Spin softening wird durch die Änderung der Geometrie eines rotierenden Körpers
infolge zentrifugaler Belastung verursacht. Durch die Fliehkräfte treten radiale Verformungen auf, der Durchmesser wird größer und "wächst an". Dieser Einfluss ist proportional zum Quadrat der Rotationsgeschwindigkeit. Spin softening ist wichtig in der Rotordynamik.
Eine typisches Beispiel aus technischen Alltag ist eine Turbinenschaufel. Beim Stillstand ergibt sich die Eigenfrequenz aus der Steifigkeit und der Massenverteilung.
Wenn sich eine Turbinenwelle mit radial angeordneten Turbinenschaufeln dreht, ergibt sich ein Einfluss auf die Längungs-Eigenfrequenz der Turbinenschaufel durch das Spin softening. Dieser Einfluss resultiert aus der Längung der Schaufel durch die Zentrifugalkraft, er hat die Tendenz, die Trägheit zu erhöhen und ergibt damit ein weniger steifes Verhalten (softening).
Wenn sich die Turbinenwelle mit den radial angeordneten Turbinenschaufeln dreht, ergibt sich darüber hinaus ein Einfluss auf die Biege-Eigenfrequenz der Turbinenschaufel durch die Spannungs-Versteifung (stress stiffening). Diese Spannungs-Versteifung resultiert aus der Zentrifugalkraft auf die Schaufel. Sie hat die Tendenz, Auslenkungen durch Biegung zu reduzieren, sie wirkt rückstellend, sie unterstützt die Steifigkeit und ergibt damit ein steiferes Verhalten (stiffening).
Einfaches Beispiel
An einem einfachen Beispiel soll das Wesen des Spin softening erklärt werden.
Eine Punktmasse M rotiert mit der Winkelgeschwindigkeit ωs um eine Achse. Die Masse wird durch eine Feder mit der Steifigkeit K gehalten und mit der Drehachse verbunden.
Infolge der Drehbewegung entstehen Zentrifugalkräfte, welche die Feder dehnen und dadurch radiale Verschiebungen u hervorrufen. Sind die Verschiebungen u gegenüber dem Abstand r der Punktmasse zur Drehachse in der Ruhelage nicht mehr vernachlässigbar klein, so muss die Gleichgewichtsbeziehung am verformten System angeschrieben werden. Die Zentrifugalkraft steht mit der Federkraft im Gleichgewicht
Da die Zentrifugalkraft von der Verschiebung u abhängig ist, taucht auf der rechten Seite der Bewegungsgleichung die unbekannte Verschiebung auf. Umformen ergibt
Der Term ωs2 ist immer positiv und vermindert die elastische Federsteifigkeit K, so dass sich die effektive Federsteifigkeit
mit größer werdender Winkelgeschwindigkeit verkleinert. Man bezeichnet dieses Phänomen
im englisch sprachigen Schrifttum als spin softening oder centrifugal softening.
Die Verallgemeinerung der letzten Gleichung für die Rotation um eine Achse in allgemeiner Lage im Raum führt zu
Dabei sind
- Kxx, Kyy und Kzz die Federsteifigkeiten in Richtung der globalen Achsen x, y, z,
- ωx, ωy und ωz die Winkelgeschwindigkeit um die globalen Achsen x, y, z,
- Mxx, Myy und Mzz die x-,y-und z-Komponente der Masse und
- Ksxx, Ksyy und Kszz die Federsteifigkeiten unter Berücksichtigung des "spin softening".
Die Nebendiagonalterme der Steifigkeitsmatrix sind durch das Spin softening nicht betroffen. Spin softening-Effekte treten nur in der Rotationsebene, aber nicht normal dazu auf.
Technische Bedeutung
Die technische Bedeutung des Spin softening zeigt sich bei der Betrachtung von Grenzfällen. Wenn die effektive Federsteifigkeit mit der Differenz der Terme der rechten Seite zu Null wird, so entspricht dies dem Fall, dass die Fliehkraft gerade der Rückstellkraft das Gleichgewicht hält. Bei einer weiteren Erhöhung der Drehzahl ist im Falle einer Schwingung ein “Auseinanderfliegen” des Rotors zu erwarten.
Für den Einmassenschwinger ist diese Darstellung mit skalaren Werten ausführbar. Bei Mehrmassenschwingern sind die entsprechenden Vektoren und Matrizen zu verwenden.