Steifigkeitsverhältnis
Aus ESOCAETWIKIPLUS
engl: stiffness ratio Kategorie: Level 2 Theorie
Das Steifigkeitsverhältnis ist das Verhältnis des größten
zum kleinsten Zahlenwert auf der Hauptdiagonalen der
Gesamt-Steifigkeitsmatrix.
Inhaltsverzeichnis |
Grundlagen
Bei der Finite-Element-Methode wird bei der Lösung die Gesamt-Steifigkeitsmatrix numerisch verarbeitet mit dem Ziel, die Freiheitsgrade zu berechnen. Hierbei ist bei impliziten FEM-Verfahren die Gesamtsteifigkeitsmatrix zu invertieren. Das erfordert relativ viel Rechenaufwand.
Für diese Lösung sind insbesondere die Zahlenwerte auf der Hauptdiagonalen der Matrix von Bedeutung. Dabei kommt es auf das Verhältnis der Werte an (nicht auf die Differenz der Werte, die Zahlen werden vom Rechner als Gleitkommazahlen verarbeitet). Je weiter diese maßgebenden Zahlenwerte auf der Hauptdiagonalen voneinander abweichen, umso deutlicher wird der Einfluss des numerischen Rundungsfehlers.
Die Zahlenwerte auf der Hauptdiagonalen werden wesentlich bestimmt durch die Steifigkeit der Elemente, wobei der Begriff "Steifigkeit" für Simulationen der Strukturmechanik zutrifft, während bei Temperaturfeldern besser von "thermischem Widerstand" und bei anderen physikalischen Disziplinen von entsprechend anderen Eigenschaften gesprochen werden sollte. Der Rundungsfehler ist also von den Differenzen der Steifigkeiten der Elemente abhängig.
Anhaltswerte
Was ist optimal? Wenn im Modell alle Elemente gleiche Größe und gleiche Materialeigenschaften hätten, dann wäre das optimal und ergäbe den geringsten Rundungsfehler. Aber das ist praktisch nie der Fall.
Hier sind einige Anhaltswerte:
- im technischen Alltag sollten die Zahlenwerte auf der Hauptdiagonalen nicht mehr als 4 bis 6 Größenordnungen (Zehnerpotenzen) auseinander liegen, also das Steifigkeitsverhältnis etwa 104 bis 106 sein. Damit ergibt sich für die numerischen Ergebnisse im allgemeinen ein Vertrauensbereich von 4 bis 6 Dezimalstellen. Das ist etwa auch der Vertrauensbereich von Materialdaten, Idealisierungen von Randbedingungen und Lasten usw.. Solche Bedingungen sind im technischen Alltag üblich.
- Steifigkeitsverhältnisse bis 106 sind durchaus alltäglich. Ein Wert von 108 kann als bedenklich angesehen, ein Wert von 1012 muss als gefährlich bezeichnet werden.
Wann können größere Verhältnisse auftreten?
Wann können größere Verhältnisse auftreten? Das können Fälle sein wie zum Beispiel
- Elemente, die deaktiviert werden (kill/alive): dabei wird meistens die Steifigkeit um 6 Größenordnungen (Zehnerpotenzen) reduziert,
- Kontaktverbindungen, die geöffnet sind: dann hat die Verbindung keine Steifigkeit, die Modellbereiche haben keinen Zusammenhang,
- Bauteile mit sehr unterschiedlichen Materialien: das Modell simuliert einen Stahlblock mit etwas Watte darauf...
Tips und Tricks
Was kann getan werden, um den Nachteil des spürbaren Rundungsfehlers
zu vermeiden?
- Wenn Elemente deaktiviert werden (kill/alive) und dabei die Steifigkeit um 6 Größenordnungen (Zehnerpotenzen, also 106) reduziert wird, dann ist dies ein geeigneter Kompromiss zwischen dem Entfernen der Elemente (sie sind ingenieurmäßig unwirksam) und dem Rundungsfehler (er ist noch nicht allzu spürbar). Diese Vorgehensweise wird im allgemeinen akzeptiert.
- Bei Kontaktverbindungen, die geöffnet sind, müssen Sie für geeignete Festhaltungen der getrennten Modellbereiche sorgen. Wenn die Modellbereiche keinen Zusammenhang haben, aber jeweils für sich ausreichend fixiert sind, stellt der geöffnete Kontaktbereich kein Problem dar.
- Bei Bauteilen mit sehr unterschiedlichen Materialien - zum Beispiel einem Stahlblock mit etwas Watte darauf - haben Sie schlecht idealisiert. Kommt es auf die Watte an? Dann kann der Stahlblock durch einen festen Untergrund abgebildet werden. Das Ergebnis werden Verschiebungen im Bereich von [mm] sein. Kommt es auf den Stahlblock an?
Dann kann die Watte durch Krafteinwirkungen abgebildet werden. Das Ergebnis werden Verschiebungen im Bereich von [nano-m] sein. Jedes dieser Modelle hat seine Berechtigung und seinen Wertebereich. Es ist nicht sinnvoll, beide Wertebereiche in einer Simulation abzudecken.