Zeitverlauf-Simulation Kontakt Genauigkeit
Aus ESOCAETWIKIPLUS
engl: nonlinear transient, contact, accuracy, repeatability Kategorie: Level 3 Theorie Mechanik
Eine Zeitverlauf-Simulation ist dafür vorgesehen, eine Aufgabe der Strukturdynamik auch mit Nichtlinearitäten wie Kontakt zu lösen. Dabei kann das Ergebnis aber durchaus sehr sensibel in Hinsicht auf die Eingabewerte sein. Dadurch können auch geringfügige Änderungen der Daten zu erkennbaren Änderungen des Ergebnisses führen. Beim Ablauf der Lösung kann dann selbst durch unterschiedliche
- Hardware-Plattformen,
- Anzahl der verwendeten Prozessoren oder
- Software-Versionen
eine Auswirkung auf die Ergebnisse auftreten. Dies wird in den folgenden Absätzen näher erläutert.
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Abhängigkeiten
Als Beispiel stellen wir uns einen Block auf einem Tisch vor. Es wird der Ablauf eines Erdbebens simuliert. Die Trägheit des Blockes, die Auflagerbedingungen auf dem Tisch einschließlich Reibung, die dynamischen Eigenschaften des Tisches, die Lastangaben zum Erdbeben gehen hierbei in die Simulation ein. Wie wird sich die Verschiebung am Ende eines Erdbebens ergeben?
Bereits kleine Änderungen des Reibungskoeffizienten, der Beschleunigungswerte oder Zeitverläufe des Erdbebens, der Zeitschrittweite, der Massen und Steifigkeiten beeinflussen dieses Ergebnis. Entsprechend können auch kleine Änderungen der numerischen Lösung das Ergebnis beeinflussen.
Numerische Genauigkeit, Rundungsfehler
In dem hier dargestellten Beispiel können auch kleine Änderungen der numerischen Lösung das Ergebnis beeinflussen, selbst wenn sie "nur" winzig sind und vielleicht die 12. Dezimalstelle der Zahlen betreffen. Bei den mathematischen Operationen (Multiplikationen, Divisionen,..) werden die Zahlen als 64-bit-Werte verarbeitet. Im Detail gibt es bei der Zahlendarstellung teilweise geringe Unterschiede je nach Hardware-Plattform. Damit ergibt sich immer ein Rundungsfehler durch das "Abschneiden" der restlichen Stellen. Alle numerischen Algorithmen der Lösung sind so gestaltet, dass dieser Einfluss minimiert oder durch nachträgliche Kontrollen ausgeglichen wird.
Effekte des Simulationsmodells wie
- der Status von Kontakten (geschlossen oder offen oder haftend oder gleitend) oder
- Entscheidungen zur Konvergenz (genau genug oder noch weitere Gleichgewichtsiterationen notwendig)
führen zu Entscheidungen, die auf dem Vergleich von Gleitkommazahlen basieren. Hier können bereits geringe Unterschiede eine Auswirkung auf den Lösungsverlauf und das Ergebnis haben.
Wenn eine solche numerische Lösung auf einer modernen Rechner-Architektur mit mehreren Prozessoren ausgeführt wird und das Betriebssystem diese Prozessoren nach eigenen Regeln mit "Arbeit" versorgt, kann sogar die aktuelle Auslastung des Rechners eine Auswirkung haben. Das bedeutet, dass sogar dieselbe Dateneingabe auf demselben Rechner mit derselben Software heute und morgen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Auf den ersten Blick würde dies die Determiniertheit und Wiederholbarkeit der Simulation infrage stellen.
Im technischen Alltag ist der Rundungsfehler von untergeordneter Bedeutung, weil die Algorithmen durch ihre mathematische Gestaltung (unbedingt stabil, unconditionally stable) und durch Kontrollen (Gleichgewichtsiteration) robust sind.
Zeitverlauf-Simulation
Die implizite Lösung der Zeitverlauf-Simulation wird durch eine Zeitintegration (zum Beispiel Newmark- oder Newmark-beta-Verfahren) der Bewegungsgleichung der Strukturdynamik berechnet. Die Stabilität dieser Integration ergibt sich daraus, dass eine kleine Störung nicht zu einer instabil ansteigenden Abweichung führt. Trotzdem ist diese Simulation sensibel gegenüber kleinen numerischen Störungen (numerical noise). Auch kleine Änderungen der Weggrößen (Verschiebungen) können große Änderungen der Geschwindigkeiten und Beschleunigungen ergeben. Dies ist in der Darstellung rechts gezeigt.
- In dem Fall "ohne Störung" (linke Reihe) ist als Beispiel eine gleichförmige Bewegung mit dem linearen Verlauf der Verschiebung u (oben), der konstanten Geschwindigkeit ů (Mitte) und der Beschleunigung ü (unten, Wert Null) gezeigt.
- Im Fall "mit Störung" (rechte Reihe) ist eine geringfügige Änderung der Zahlenwerte der Verschiebung eingesetzt, diese Störungen sind so gering, dass man sie innerhalb der Strichstärke gar nicht erkennt. Die Geschwindigkeit ů (Mitte) als zeitliche Ableitung der Verschiebung u und besonders deutlich die Beschleunigung ü (als 2. zeitliche Ableitung der Verschiebung) sind deutlich beeinflusst.
Jede Änderung der Verschiebung im Verlauf eines Simulations-Zeitschrittes ergibt eine deutliche Änderung von Geschwindigkeit und Beschleunigung. Damit betrifft dies im wesentlichen über die Trägheit die Kraftgrößen an den Knoten, während der Einfluss auf andere Werte wie Verschiebungen, Spannungen, Dehnungen geringer ist.
Die Auswirkung von kleinen numerischen Störungen (numerical noise) wird im allgemeinen in der Software durch numerische Dämpfung reduziert.
Kontakt
Das Verhalten von Kontakt in der Strukturmechanik ist nichtlinear abhängig von den Verschiebungen. Dadurch wird über den Status des Kontaktes (offen, geschlossen, gleitend, haftend) entschieden. Die Lösung erfolgt iterativ, bis Konvergenz erreicht ist. Die Entscheidung über die Konvergenz basiert numerisch auf dem Vergleich zwischen den aktuellen Gleichgewichtsgrößen und einem Grenzwert. Grundlage hierfür sind die Kraftgrößen an den Knoten. Hierbei können selbst kleine Änderungen eine Auswirkung auf die Zahl der notwendigen Iterationen haben. Damit können auch kleinste Änderungen bei Software-Versionen zu Änderungen des Lösungsablaufes und der Ergebnisse führen.
Tips und Tricks
Für den Simulations-Alltag sind meistens die Einstellungen der Lösung darauf abgestimmt, ein genaues Ergebnis mit geringem Aufwand und geringer Rechenzeit zu erhalten.
Um die Abhängigkeit der Ergebnisse von den kleinen Störungen, die hier erläutert wurden, zu reduzieren, können folgende Maßnahmen in Betracht gezogen werden:
- Verwenden Sie eine konstante Zeitschrittweite während des gesamten Zeitbereiches. Damit wird vermieden, dass durch eine automatische Anpassung die Zeitschrittweite beeinflusst und damit das Modellverhalten geändert wird. Selbst eine solche Änderung der Zeitschrittweite kann in der oben beschriebenen Art wie eine Art Störung wirken.
- Vermeiden Sie Änderungen der Randbedingungen, die die Lagerungen betreffen. Solche Änderungen ergeben Störungen wie in der Darstellung oben rechts.
- Sie können die numerische Dämpfung erhöhen.
- Rechnen Sie auf einem Prozessor, verhindern Sie die Aufteilung der Lösung auf mehrere Prozessoren.
- Vermeiden Sie, mit der Simulation symmetrische Bedingungen berechnen zu lassen. Ergebniswerte, die theoretisch identisch sein müssten, werden sich durch den Rundungsfehler nie absolut identisch berechnen lassen.