Zeitschrittweite

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engl: time step size          Kategorie:Aa-leerbild.jpg Level 2 Theorie


Allgemeine Informationen hierzu finden Sie zum Beispiel bei wikipedia:Zeitintervall

Inhaltsverzeichnis

Simulation

Die Zeitschrittweite ist die Größe des Zeitschrittes bzw. die Länge des Zeitintervalls einer dynamischen bzw. transienten Simulation. Bei einer solchen Simulation wird der zeitliche Fortschritt in einzelne Abschnitte aufgeteilt (diskretisiert) und die Lösung schrittweise für aufeinanderfolgende Zeitschritte berechnet. Diese Aufteilung wird als Diskretisierung bezeichnet (es werden kleine Abschnitte der Zeit festgelegt).

Hierbei sollte "Diskretisierung über der Zeit" oder "zeitliche Diskretisierung" gesagt werden. Dann wird diese zeitliche Diskretisierung nicht verwechselt mit der Diskretisierung, die hier in diesem cadfem-wiki unter dem Stichwort Diskretisierung die örtliche Diskretisierung beschreibt. Das ist die Aufteilung des Bauteils entlang seiner örtlichen Ausdehnung (es werden kleine Abschnitte der Abmessungen festgelegt - das sind bei der Finite-Elemente-Methode die Elemente).

Die Zeitschrittweite (delta-t) ist der Abschnitt, um den sich die Simulation auf der Zeitachse "vorwärts bewegt". Über diesen Abschnitt hinweg ändern sich die Lasten und damit auch die Eigenschaften (Freiheitsgrade und andere) des Modells. Das Ziel der Simulation ist es, diese Änderungen (Inkremente) zu berechnen.

Wenn ein zeitlicher Ablauf zu simulieren ist (also bei einer dynamischen bzw. transienten Simulation), stellt die Zeitschrittweite (im Wortsinne) ein Zeitintervall dar. Der Begriff Zeitschrittweite oder Schrittweite wird aber ebenso verwendet, wenn eine statische bzw. stationäre Simulation mit Nichtlinearitäten durchgeführt wird (also wenn keine Trägheitsterme berücksichtigt werden). Wenn hierbei das Geschehen als eine Folge von Schritten ausfgeführt wird, um ausreichend genaue Ergebnisse über den Verlauf zu erhalten, wird auch von Schrittweite (oder von Zeitschrittweite) gesprochen, obwohl die Zeit (in physikalischem Sinne in sec oder h) nicht von Bedeutung ist.

Bei der Festlegung der Zeitschrittweite sind bei einer expliziten oder bei einer impliziten Lösung unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Dazu finden Sie auch eine anschauliche Erläuterung zur Zeitschrittweite bei der expliziten und impliziten Lösung.

Anschauliche Erklärung

Einige ausführliche Details finden Sie auch bei wikipedia:CFL-Zahl und bei wikipedia:Courant-Kriterium. Sie beschreiben die Bedeutung der Zeitschrittweite für die Konvergenz von partiellen Differentialgleichungen.

Hier wird eine anschauliche Erklärung versucht. Stellen Sie sich dazu das Bauteil vor. Wenn Sie mit einem kleinen Hammer an einer Stelle auf das Bauteil klopfen, breitet sich dieser Schlag schnell durch das Bauteil aus. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung dieser "Schockwelle" hat die Größenordnung der Schallgeschwindigkeit im Material. Diese Ausbreitungs-Geschwindigkeit ist nun wichtig.

Nun denken Sie daran, dass für die Simulation mit der FEM das Bauteil diskretisiert wird, also in kleine Elemente und viele Knoten an deren Ecken aufgeteilt wird. Durch die Abmessungen der Elemente ist das Bauteil in kleine Wegabschnitte aufgeteilt.

Aus der Ausbreitungs-Geschwindigkeit und den Element-Abmessungen ergibt sich eine Zeitschrittweite. Diese Zeitschrittweite ist ein Grenzwert für die Konvergenz der numerischen Lösung. Es gilt:

Damit ergibt sich ein Zusammenhang zwischen der Zeitschrittweite und der kleinsten Element-Abmessung (also der zeitlichen und der örtlichen Diskretisierung).

Merke: kleine Zeitschrittweiten verbessern die Genauigkeit und kosten mehr numerischen Aufwand. Und entsprechend: große Zeitschrittweiten verringern die Genauigkeit und ergeben weniger numerischen Aufwand.

Wie ergeben sich konkrete Zahlenwerte?

Strukturmechanik

Konkrete Zahlenwerte für die oben beschriebene Ausbreitungs-Geschwindigkeit für eine dynamische Simulation in der Strukturmechanik ergeben sich aus dem Elastizitätsmodul E (SI-Einheit [N/m2]) und der Dichte ρ (SI-Einheit [kg/m3]). Mit

Zeitschrittweite-1.jpg


ergibt sich als Ausbreitungs-Geschwindigkeit die Schallgeschwindigkeit v (SI-Einheit [m/s]), hier mit der Formel für den 1-dimensionalen Fall dargestellt. Weitere Details können Sie auch bei wikipedia: Schallgeschwindigkeit finden.

Zusammen mit einer kleinsten Element-Abmessung von Δx ergibt sich der Grenzwert für die Zeitschrittweite Δt zu

Zeitschrittweite-2.jpg


Temperaturfeld

Konkrete Zahlenwerte für die oben beschriebene Ausbreitungs-Geschwindigkeit für eine transiente Simulation bei einem Temperaturfeld ergeben sich aus der Wärmeleitfähigkeit λ (SI-Einheit [W/(m2K)]), der Wärmekapazität cp (SI-Einheit [J/(kg K)]) und der Dichte ρ (SI-Einheit [kg/m3]). Mit

Zeitschrittweite-3.jpg


ergibt sich eine Ausbreitungs-Geschwindigkeit v - auch thermisches Diffusionsvermögen α genannt - (SI-Einheit [m/s]).

Zusammen mit einer kleinsten Element-Abmessung von Δx ergibt sich ein Anhaltswert für die Zeitschrittweite Δt zu

Zeitschrittweite-2.jpg


Implizite Lösung

Bei einer impliziten Lösung ist eine Zeitschrittweite bei einer dynamischen bzw. transienten Simulation mit oder ohne Nichtlinearitäten oder einer statischen bzw. stationären Simulation mit Nichtlinearitäten auszuwählen.

Im allgemeinen sind die numerischen Algorithmen, die bei der Lösung verwendet werden, unbedingt stabil (unconditionally stable). Das bedeutet, dass die gewählte Zeitschrittweite keinen Einfluss auf die Stabilität der Lösung hat. Es steht dem Anwender also frei, eine Zeitschrittweite zu wählen. Es gibt nur Empfehlungen.

Merke: bei der impliziten Lösung sollte die Zeitschrittweite nach den dynamischen Eigenschaften und den nichtlinearen Effekten gewählt werden.

Explizite Lösung

Bei einer expliziten Lösung geht es immer um einen zeitabhängigen Vorgang einer dynamischen bzw. transienten Simulation, meistens mit Nichtlinearitäten (die Trägheitsterme sind für die explizite Lösung unverzichtbar). Die gewählte Zeitschrittweite hat hierbei Einfluss auf die numerische Stabilität des Lösung. Der Anwender MUSS eine Zeitschrittweite kleiner als der Grenzwert wählen.

Merke: bei der expliziten Lösung MUSS die Zeitschrittweite das Courant-Kriterium einhalten, zusätzlich sollten die dynamischen Eigenschaften und die nichtlinearen Effekten berücksichtigt werden.

Welcher Zahlenwert ist als Zeitschrittweite angemessen?

Außer dem Courant-Kriterium bei der expliziten Lösung sollten folgende Richtwerte berücksichtigt werden.

Kontakt

Bei Kontakt sollte die Kontaktdauer abgeschätzt werden und ein mögliches Abprallen betrachtet werden. Über die Kontaktdauer sollten mindestens 20 Schritte ausgeführt werden.

Dynamische Simulation

Bei einer dynamischen Simulation sollten über die Periodendauer einer Schwingung mindestens 20 Schritte ausgeführt werden. Hierbei gilt es also, diejenige Schwingung zu betrachten, die für das Bauteil bedeutend ist und die höchste Frequenz bzw. geringste Periodendauer hat. Deren Periodendauer sollte dieser Kalkulation zugrunde gelegt werden.

Bei Multiphysik sind zusätzlich die Anforderungen der einzelnen Feldeffekte zu berücksichtigen.

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