Wärmestrahlung
Aus ESOCAETWIKIPLUS
engl: radiation Kategorie: Level 2 Temperaturfeld
Allgemeine Informationen hierzu finden Sie zum Beispiel bei wikipedia:Wärmestrahlung
Grundlagen
Bei der Wärmestrahlung (auch als Temperaturstrahlung bezeichnet) erfolgt die Wärmeübertragung durch elektromagnetische Wellen im sichtbaren und im ultraroten Wellenlängenbereich (Wellenlänge 0,35 bis 10 &mikro;m). Hierbei ist kein Trägermedium erforderlich, so dass also auch Wärme im Vakuum übertragen werden kann. Es ist aber eine direkte Sichtverbindung erforderlich, Hindernisse unterbrechen den Strahlungswärmeaustausch. Feste, flüssige und einige gasförmige Stoffe geben diese Strahlung ab oder nehmen sie auf. Für FEM-Anwendungen im technischen Alltag ist jedoch im allgemeinen die Wärmeübertragung durch Strahlung von der "Sender"-Oberfläche des Bauteils an die Umgebung oder an eine andere "Ziel"-Oberfläche des Bauteils von Bedeutung. Die durch Wärmestrahlung übertragene Wärmemenge hängt von physikalischen Eigenschaften des Oberflächenmaterials (Emissionsgrad ε), der geometrischen Anordnung der "Sende"- und der "Ziel"-Oberfläche (Sichtfaktor) und der Größe der Flächen ab.
Die physikalischen Eigenschaften des Materials bestimmen, welche Anteile einer auf das Bauteil auftreffenden Strahlung absorbiert (im Material aufgenommen), reflektiert (an der Oberfläche zurückgeworfen) oder transmittiert (durch das Material durchgelassen) werden. Bei technischen Anwendungen überwiegen diejenigen Materialien, die nicht durchlässig sind. Daher werden im weiteren nur Absorption und Reflexion betrachtet. Nach dem Kirchhoffschen Gesetz ist das Emissionsvermögen eines Körpers gleich seinem Absorptionsvermögen, so dass für die Abgabe und die Aufnahme von Wärmestrahlung ein einziger Kennwert die Oberflächen-Eigenschaft charakterisiert: der Emissionsgrad ε. Dieser dimensionslose Wert gibt den Anteil der abgegebenen oder aufgenommenen Energie an der Gesamtenergie an und liegt zwischen den Grenzen von 0 (perfekt spiegelnde Oberfläche) und 1 (matte, perfekt absorbierende Oberfläche).
Bei der FEM-Simulation von Temperaturfeldern ist die Wärmestrahlung eine Lastgröße. Maßgebend dabei ist eine Sichtverbindung zu einer anderen Oberfläche. Bei unterschiedlichen Temperaturen der beiden Oberflächen wird Wärme (als elektromagnetische Strahlung) übertragen. In einer Simulation des Temperaturfeldes ist Wärmestrahlung wie als Last an der Bauteiloberfläche wirksam.
Eine typische Anordnung ist hier rechts skizziert. Man sieht eine Kugel, die durch eine Vernetzung in Elemente aufgeteilt ist. In einem Abstand dazu ist eine quadratische Fläche angeordnet. Bei einer FEM-Simulation des Temperaturfeldes kann berücksichtigt werden, dass zwischen diesen beiden Modell-Teilen ein Wärmeaustausch durch Strahlung erfolgt. Mit den Farben ist in der Abbildung der lokale Sichtfaktor (manchmal auch Formfaktor bezeichnet) markiert. Wie der Sichtfaktor definiert ist, wird weiter unten erläutert. Hier kann man erkennen, wie für jede Facette (Element-Oberfläche) der Kugel die Einwirkung des strahlenden Quadrats durch die geometrische Anordnung unterschiedlich intensiv ist. Dies wird durch den Zahlenwert des Sichtfaktors (im Wertebereich zwischen 0 und 1) ausgedrückt.
Die für die Wärmestrahlung maßgebende Gleichung, das Stefan-Boltzmann-Gesetz, fasst die physikalischen und geometrischen Einflüsse zusammen und beschreibt den durch Wärmestrahlung ausgetauschten Wärmestrom mit
mit
- Ai Fläche des Strahlers i
- Fij Sichtfaktor (manchmal auch Formfaktor bezeichnet) zwischen Flächen i und j
- εi Emissionsgrad der Oberfläche i
- σ Stefan-Boltzmann-Konstante (5.67e-8 [W/m2K4])
- Ti Absolute Temperatur der Strahler-Oberfläche i
- Tj Absolute Temperatur der Empfänger-Oberfläche j
- Q Wärmestrom
Es ist zu beachten, dass die Temperaturen der Oberflächen als absolute Temperaturen zu berücksichtigen sind, d. h. sie müssen z. B. in Kelvin (K) oder Rankine (R), nicht jedoch in Celsius (°C) oder Fahrenheit (°F) eingesetzt werden.
Für die Wärmeübertragung durch Wärmestrahlung ist kein Medium (ein Gas oder eine Flüssigkeit) erforderlich. Der Effekt ist daher auch im Vakuum wirksam.
Der physikalische Einfluss ist durch die Beschaffenheit der Strahleroberflächen gegeben, er wird durch den dimensionslosen Wert des Emissionsgrades εi beschrieben. Die geometrischen Bedingungen zwischen Strahler und Empfänger sind in dem Sichtfaktor Fij zusammengefasst. Dieser Sichtfaktor wird wesentlich beeinflusst durch die Orientierung (Neigung) beider Flächen zueinander sowie durch den Raumwinkel, den der Strahlungsempfänger vom Strahlungssender aus gesehen einnimmt. In der nebenstehenden Abbildung ist für eine Strahlungsverbindung zwischen der Senderfläche A1 und der Empfänger- oder Zielfläche A2 dieser Raumwinkel erkennbar. Er ist vergleichbar mit der Größe der Projektionsfläche der Fläche A2 auf einer Kugeloberfläche um die Senderfläche A1. Der Raumwinkel wird in “Steradiant” gemessen. Der Wärmestrom, der durch diese Strahlungsverbindung ausgetauscht wird, ist diesem Raumwinkel und der Strahlerfläche A1 proportional.
Aus Wärmebilanzgründen muss sich für eine umgedrehte Betrachtung dieser Strahlungsverbindung der gleiche Wärmestrom ergeben. Dies ist nachvollziehbar anhand der unteren Abbildung. Dort ist der Raumwinkel geringer, erkennbar an der kleineren Projektionsfläche der Fläche A1 auf der Kugeloberfläche um die Senderfläche A2. Der Wärmestrom ist diesem Raumwinkel und der Strahlerfläche A2 proportional und ergibt sich gleich demjenigen der Anordnung in der oberen Abbildung.
Der Sichtfaktor ist in praktischen Anwendungen nur schwer zu bestimmen. Hierzu sind im allgemeinen numerische Methoden sinnvoll.
Simulation
In der Simulation wird die Wärmestrahlung dadurch berücksichtigt, dass der Anwender die Flächen des Bauteils kennzeichnet, die die Strahlungspartner darstellen sollen. Das sind die Flächen i und j in den oben gezeigten Skizzen.
Bei der Lösung wird vom Programm zunächst der Sichtfaktor Fij zwischen Flächen i und j berechnet. Diese Berechnung kann relativ viel numerischen Aufwand erfordern, weil die Position der Teilflächen im Raum und die mögliche Abdeckung durch dazwischen liegende Flächen zu berücksichtigen ist. Als Ergebnis wird eine Matrix bestimmt, die die Interaktion zwischen allen Knoten der beteiligten Oberflächen darstellt. Gleichzeitig wird berücksichtigt, dass für diese Interaktion bestimmte Voraussetzungen (absolute Temperaturen, Tabs4) gelten.
Bei der Lösung wirkt die Interaktions-Matrix wie ein Element mit besonderen Eigenschaften. Durch die Aufteilung
kann der Ausdruck
zusammengefasst werden. Damit kann die oben gezeigte Gleichung für den durch Wärmestrahlung ausgetauschten Wärmestrom geschrieben werden als
Dies entspricht dem Übertragungsverhalten eines Stab-Elementes mit der Leitfähigkeit (Element-Steifigkeitsmatrix) C*, wobei dieser Wert von den aktuellen Temperaturen abhängt, damit ist es ein nichtlineares Element. Es ergibt sich ein entsprechender Wärmestrom zwischen den Strahlerflächen.
Der Emissionsgrad der Oberflächen i und j ist als Materialwert einzugeben. Anhaltswerte sind hier rechts in der Tabelle angegeben. Generell kann man feststellen, dass für die meisten Oberflächen im technischen Alltag ein Emissionsgrad von 0,8..1,0 zutrifft. Nur besonders glatte und spiegelnde Oberflächen erreichen kleinere Werte.
Die Stefan-Boltzmann-Konstante σ (siehe auch wikipedia:Stefan-Boltzmann-Gesetz, Zahlenwert 5,67 10-8 [W/m2K4]) muss ebenso vorgegeben werden. Hierbei muss man aufpassen: wenn in der Simulation andere Einheiten (mm-Einheiten oder US-Einheiten) verwendet werden, muss der Zahlenwert dieser Konstante angepasst werden.
Sonstige Begriffe
Der Effekt der Wärmestrahlung ist zu unterscheiden vom
- Wärmetransport innerhalb des Bauteils (Wärmeleitung, Konduktion, conduction) und vom
- Wärmetransport zwischen der Bauteil-Oberfläche und einem umgebenden Medium (Konvektion).