Stoffgesetz Beispiel1
Aus ESOCAETWIKIPLUS
Diese Seite stellt Prinzipbeispiele von FEM-Simulationen zu verschiedenen Stoffgesetzen der Strukturmechanik dar.
Thermoplastizität
Das Ziel des Beispiels
Das Ziel dieses Beispiels ist, für einige der maßgebenden Materialdaten der Strukturmechanik - und zwar
- für den Elastizitätsmodul und
- für das Stoffgesetz (Materialgesetz) - das ist hier der Zusammenhang zwischen Spannung σ und Dehnung ε (Spannungs-Dehnungs-Diagramm) -
Abhängigkeiten von der Temperatur zu betrachten. Deren Auswirkung auf das Modell wird untersucht und Zusammenhänge dargestellt.
Praktische Bedeutung
Die hier in diesem Beispiel gezeigten Zusammenhänge sind im technischen Alltag wichtig bei
- Wärmebehandlungen von Bauteilen, Spannungsarmglühen,
- Maschinen-Komponenten in Kraftwerken (Turbinen, Armaturen, warmgehende Rohrleitungen) bei Betriebszyklen,
- ...
Das Modell
Das Modell dieses Beispiels ist ein Quader mit den Kanten-Abmessungen 100 [mm]. Diese Geometrie des Bauteils ist bei der Diskretisierung mit einem Volumen-Element mit 8 Knoten vernetzt worden. Diese einfache Vernetzung ist hier ausreichend, weil keine inneren Gradienten der mechanischen Größen untersucht werden.
Die Abbildung rechts zeigt das Element. Die Randbedingungen sind hier
- eine Lagerung der Unterseite in Vertikalrichtung und
- eine vorgeschriebene (Zwangs-) Verschiebung der Oberseite um 0,1 [mm] = 0,0001 [m] nach unten (hierzu ist die Abbildung rechts in Bearbeitung)(ergibt eine Dehnung von ε=0,001 [-] oder 0,1 % und mit einem Elastizitätsmodul von 210000 [MPa] eine Spannung in Vertikalrichtung von σz=210 [MPa]) vorgesehen sowie
- Festhaltungen in Querrichtung, die keine zusätzlichen Zwängungen ergeben (statisch bestimmte Lagerung).
Das Element wird sozusagen wie in einem Schraubstock zusammengedrückt. Dieses Zusammendrücken wird hier weggesteuert durchgeführt, die Verformung wird aufgezwungen unabhängig davon, wie groß die daraus resultierende Auflagerreaktion wird.
Dazu werden mehrere Zustände simuliert in folgender Reihenfolge:
- Zustand A: bei Temperatur 20°C wird das Element zusammengedrückt und diese Verformung festgehalten,
- Zustand B: die Temperatur wird auf 100°C erhöht und dann
- Zustand C: wird wieder auf 20°C abgekühlt.
Hier wird vereinfachend keine thermische Ausdehnung angenommen.
Variante 1: Temperatur-unabhängiger E-Modul, linear elastisch
Das Stoffgesetz bei dieser Variante wird durch einen Elastizitätsmodul und eine Querkontraktionszahl beschrieben. Diese Materialdaten sind hier nicht von der Temperatur abhängig. Dies ist ein von der Temperatur unabhängiges und linear elastisches Stoffgesetz (elastisch bedeutet: Be- und Entlastung folgen der gleichen Funktion). In der Abbildung rechts sind die Eingabewerte skizziert. Der Elastizitätsmodul E ist konstant über der Temperatur T. Im Diagramm der Spannung σ über der Dehnung ε (Spannungs-Dehnungs-Diagramm) entspricht dies einer Geraden, deren Steigung der Elastizitätsmodul darstellt.
In dem Diagramm der Ergebniswerte (rechtes Teilbild) ist die auf die Länge bezogene Längenänderung des Modells ΔL/L in vertikaler Richtung und die Spannung im Modell dargestellt. Für die Zustände beim Aufheizen und Abkühlen ergibt sich hier:
- Zustand A σ=210 [MPa]: Das Zusammendrücken bei 20°C ergibt eine Spannung von σ=210 [MPa].
- Zustand B σ=210 [MPa]: Die Erwärmung auf 100°C (Position B) ändert daran nichts.
- Zustand C σ=210 [MPa]: Auch nach der Abkühlung auf 20°C (Position C) bleibt diese Spannung erhalten.
Variante 2: Temperatur-abhängiger E-Modul, linear elastisch
In Variante 2 wird eine Abhängigkeit des Elastizitätsmoduls von der Temperatur berücksichtigt. Dies ergibt im Diagramm der Spannung σ über der Dehnung ε (Spannungs-Dehnungs-Diagramm) weiterhin Geraden mit jeweils unterschiedlicher Steigung. Dies ist ein von der Temperatur abhängiges, aber weiterhin lineares Stoffgesetz.
Wieso ist dies ein lineares Stoffgesetz? Weil die Abhängigkeit von der Temperatur nur bei der Simulation des Temperaturfeldes die Freiheitsgrade beträfe. Hier in der Simulation der Strukturmechanik sind die Verschiebungen die Freiheitsgrade, und davon ist der Elastizitätsmodul hier nicht abhängig, die Temperaturen sind hier als Steuergrößen anzusehen.
Die Ergebniswerte (rechtes Teilbild) sind:
- Zustand A σ=210 [MPa]: Das Zusammendrücken bei 20°C ergibt eine Spannung von 210 [MPa].
- Zustand B σ=180 [MPa]: Durch die Erwärmung auf 100°C wird das Material weicher (kleinerer Elastizitätsmodul), die Spannung reduziert sich zu 180 [MPa], obwohl die Verschiebungen und Dehnungen gleich bleiben.
- Zustand C σ=210 [MPa]: Nach der Abkühlung auf 20°C steigt die Spannung wieder auf 210 [MPa] an.
Variante 3: Temperatur-unabhängiger E-Modul, nichtlinear plastisch
In Variante 3 wird keine Abhängigkeit des Elastizitätsmoduls 210000 [MPa] von der Temperatur eingesetzt. Dafür wird für jede der beiden Temperaturen Plastizität mit einer bilinearen Funktion im Diagramm der Spannung σ über der Dehnung ε (Spannungs-Dehnungs-Diagramm) gewählt. Diese Funktionen bestehen aus einem linearen Abschnitt vom Ursprung bis zu einer Grenzspannung (üblicherweise die Streckgrenze des Materials) und dann anschließend aus einem linearen Abschnitt, dessen Steigung auch als Tangentenmodul (hier zu Null gewählt, also horizontal verlaufend) bezeichnet wird. Beide Funktionen für die Temperaturen 20°C und 100°C unterscheiden sich hier in der Grenzspannung (dem Abknickpunkt der Funktion). Im plastischen Bereich soll eine Entlastung mit kinematischer Verfestigung stattfinden. Dies ist ein Stoffgesetz, bei dem im Anfangs-Bereich bis zur Grenzspannung keine Abhängigkeit von der Temperatur vorliegt. Durch den Funktionsverlauf im Spannungs-Dehnungs-Diagramm ist es als nichtlinear plastisches Stoffgesetz anzusehen.
Wieso ist dies ein nichtlineares Stoffgesetz? Weil eine Abhängigkeit der Spannungen (daraus für das Gesamtmodell der Kräfte, hier geht der Elastizitätsmodul bzw. der Tangentenmodul ein) von den Dehnungen (für das Gesamtmodell die Verschiebungen) vorliegt.
Wieso ist dies ein plastisches Stoffgesetz? Weil nach einer plastischen Verformung die Entlastung einer anderen Funktion folgt und dann bleibende Verformungen vorliegen.
Die Ergebniswerte (rechtes Teilbild) sind:
- Zustand A σ=210 [MPa]: Auch in dieser Variante führt das Zusammendrücken zu einer Spannung von 210 [MPa], im Spannungs-Dehnungs-Diagramm für 20°C ist noch nicht die elastische Grenze von 250 [MPa] erreicht.
- Zustand B σ=150 [MPa]: Durch die Erwärmung auf 100°C (Zustand B) nimmt die elastische Grenze (Streckgrenze) ab, der vorliegende Zustand ergibt eine Überschreitung der elastischen Grenze von 150 [MPa]. Dadurch entstehen plastische Dehnungen. In diesem weggesteuerten Zustand (die Verschiebungen können sich nicht ändern, von außen würde man nichts sehen) entstehen diese plastische Dehnungen dadurch, dass die elastischen Dehnungen geringer werden. Der Zustand B ist dadurch gekennzeichnet, dass die Summe der elastischen und plastischen Dehnungen den Dehnungen vorher entsprechen und die Spannung der Grenzspannung 150 [MPa] der hier zutreffenden Spannungs-Dehnungs-Funktion entspricht.
- Zustand C σ=150 [MPa]: Bei der Abkühlung auf 20°C bleiben die Spannungen und Dehnungen erhalten. Die Zustände B und C bleiben also im Diagramm der Ergebniswerte koinzident. Der Unterschied besteht darin, dass Zustand B auf der Spannungs-Dehnungs-Funktion von 100° an der Spannungsgrenze liegt, Zustand C liegt dagegen auf einer Spannungs-Dehnungs-Funktion von 20°, die um den Betrag der plastischen Dehnung εpl nach rechts verschoben ist. Die Spannung liegt deutlich unterhalb der Grenzspannung dieser Funktion von 250 [MPa].
Die plastische Dehnung bleibt hierbei erhalten, sie wird nicht durch die Änderung der Spannungs-Dehnungs-Funktion rückgängig gemacht oder aufgehoben.
Variante 4: Temperatur-abhängiger E-Modul, nichtlinear plastisch
In Variante 4 wird sowohl
- eine Abhängigkeit des Elastizitätsmoduls von der Temperatur eingesetzt: E20°C=210000 [MPa], E100°C=180000 [MPa] als auch
- eine bilineare plastische Funktion im Spannungs-Dehnungs-Diagramm mit unterschiedlichen Grenzwerten für die Temperaturen 20°C und 100°C.
Dies ergibt ein Stoffgesetz, bei dem im Anfangs-Bereich bis zur Grenzspannung unterschiedliche Steigungen der Funktionen in Abhängigkeit von der Temperatur vorliegen.
Die Ergebniswerte (rechtes Teilbild) sind:
- Zustand A σ=210 [MPa]: Das Zusammendrücken führt zu einer Spannung von 210 [MPa], im Spannungs-Dehnungs-Diagramm für 20°C ist noch nicht die elastische Grenze von 250 [MPa] erreicht.
- Zustand B σ=150 [MPa]: Durch die Erwärmung auf 100°C nimmt die elastische Grenze ab, der vorliegende Zustand ergibt eine Spannung in Höhe der elastischen Grenze von 150 [MPa]. Es entstehen plastische Dehnungen.
- Zustand C σ=175 [MPa]: Bei der Abkühlung auf 20°C bleiben die Dehnungen erhalten. Zustand C liegt nun auf der Spannungs-Dehnungs-Funktion von 20°, die um den Betrag der plastischen Dehnung εpl nach rechts verschoben ist. Die Spannung liegt deutlich unterhalb der Grenzspannung dieser Funktion von 250 [MPa].
Auch hier bleibt die plastische Dehnung erhalten, sie wird nicht durch die Änderung der Spannungs-Dehnungs-Funktion rückgängig gemacht oder aufgehoben.