Schweißsimulation

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engl: weld simulation          Kategorie: Aa-leerbild.jpg Maschinenbau Level 3


Die Schweißsimulation ist die Simulation des Fertigungsvorganges bei einer Schweißung mit dem Ziel, die Vorgänge und Folgen der Herstellung der Schweißnaht zu bestimmen. Allgemeine Informationen hierzu finden Sie zum Beispiel bei wikipedia:Schweißsimulation

Für alle diese Zielsetzungen ist es weitgehend üblich, die Finite-Element-Methode einzusetzen.

Inhaltsverzeichnis

Simulation

Die Schweißsimulation berücksichtigt

und

Eine detaillierte Simulation des lokalen Geschehens am Schmelzbad wird auch als Prozess-Simulation bezeichnet. Solche Simulationen werden überwiegend im akademischen Umfeld durchgeführt.

Die Simulation des Verhaltens des Materials in der Nähe (Wärmeeinflusszone WEZ) und das Verhalten des gesamten Bauteils (Bauteilverzug) wird auch Bauteil-Simulation genannt. Solche Simulationen werden überwiegend im technischen Alltag durchgeführt.

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Prozess-Simulationen betreffen die direkte Umgebung der Wärmeeinleitung. Die Einleitung der Wärme wird beliebig detailliert abgebildet. Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist die effektiv ins Bauteil eingebrachte Leistung und damit der Wirkungsgrad der Wärmeeinleitung. Die physikalischen Bedingungen im Schweißpunkt werden durch das Modell der Prozess-Simulation im Detail wiedergegeben. Dieses Modell repräsentiert im Allgemeinen einen Bereich von etwa 2 bis 30 mm um das Zentrum des Schweißpunktes herum. Bei einer UP-, WIG-, MIG- oder MAG-Schweißnaht sind zahlreiche physikalische Vorgänge wie z.B. fluiddynamische, elektrische und/oder magnetische Effekte im Bereich des Schmelzbades und der umgebenden Bereiche zu berücksichtigen. Bei einer Laserschweißung sind optische Effekte vorhanden. Das Verhalten des Gesamtbauteils und dessen Auswirkungen auf die direkte Umgebung der Wärmeeinleitung werden vernachlässigt. Die Prozess-Simulation wird meistens im Rahmen von Grundlagenforschung durchgeführt.

Bauteil-Simulation

Die Bauteil-Simulation simuliert das Verhalten des gesamten Bauteils unter Einwirkung der lokalen Wärmeeinbringung, des Schmelzens und Erstarrens und der daraus resultierenden Dehnungen und Spannungen. Wichtige Eingangsgrößen sind der Ort der Wärmeeinbringung und der Wert der effektiv eingebrachten Leistung. Für diese Bauteil-Simulation muss die Wärmequelle im FEM-Modell nur repräsentativ abgebildet werden. Die maßgebenden Daten hierbei sind die örtliche Verteilung und der Energieeintrag der Wärmequelle. Die Verteilung der Wärmequelle ist relativ wichtig. Das lokale Geschehen im Schmelzbad im Detail ist von untergeordneter Bedeutung. Die Bauteil-Simulation ist die typische Anwendung der Schweißsimulation im technischen Alltag der Konstruktion und Fertigung.

Das Ziel der Bauteil-Simulation sind

Eine Bauteil-Simulation wird im allgemeinen als sequentielle Simulation des transienten Temperaturfeldes und der Strukturmechanik durchgeführt.

In der nebenstehenden Abbildung ist das Modell einer Mehrlagen-Schweißnaht gezeigt. Farblich dargestellt ist die Verteilung der von-Mises-Vergleichsspannung nach dem Abkühlen der Naht.

Was ist das Besondere an der Schweißsimulation? Unter anderem ist bemerkenswert,

Materialdaten

Für das Temperaturfeld sind Werte wie Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität, Dichte (evtl. Enthalpie) erforderlich. Für die Strukturmechanik müssen Werte wie Elastizitätsmodul, Querkontraktion, Spannungs-Dehnungs-Funktionen und thermische Dehnung (Dilatogramm) vorgegeben werden. Alle diese Materialdaten müssen für Temperaturen bis zum Schmelzen des Materials vorliegen.

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Für Stahlwerkstoffe sind Phasenumwandlungen von besonderer Bedeutung. Oftmals liegen ZTU-Diagramme für das Material vor. Ein typisches ZTU-Diagramm ist hier rechts dargestellt. Grundlage eines solchen ZTU-Diagramms sind zahlreiche Dilatogramm-Messungen von Proben, die bis über Ac3 aufgeheizt wurden (dadurch wandelt sich das Gefüge zu Austenit) und die unterschiedlich schnell abkühlen. In dem ZTU-Diagramm rechts sind einige solcher Messungen als dünne schwarze Linien eingezeichnet, sie repräsentieren über der Zeit (hier im log-Maßstab aufgetragen) den Temperatur-Zeit-Verlauf der Abkühlung. Aus dem gemessenen Dilatogramm kann auf die Rückumwandlungs-Temperatur geschlossen werden. Hier im ZTU-Diagramm kann mit jedem Dilatogramm ein Punkt der roten Kurve gezeichnet werden.

Der für die Schweißsimulation interessante Bereich ist im allgemeinen der links erkennbare Bereich der schnellen Abkühlraten, bei dem die Abkühlzeit t8/5 (das ist diejenige Zeit, die beim Abkühlen zwischen 800°C und 500°C vergeht) im Bereich von wenigen sec liegt. Daher reicht es oftmals aus, für die thermische Dehnung ein Dilatogramm zugrunde zu legen, das für diesen Bereich zutrifft.

Bei der Verwendung von Materialdaten-Bibliotheken muss darauf geachtet werden, dass für den aktuell vorliegenden Werkstoff "Best estimate"-Werte ausgewählt werden. Oftmals sind Mindestwerte hinterlegt, die für die Bewertung sinnvoll sind und damit für eine Festigkeitsberechnung, nicht aber für eine realitätsnahe Schweißsimulation.

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Das transiente Temperaturfeld

Mit der Simulation des transienten Temperaturfeldes wird das Aufwärmen und Abkühlen des Bauteils im Nahtbereich berechnet. Damit verbunden wird die mögliche Verschiebung der Nahtflanken vor dem Schweißpunkt und die Verbindung der Nahtflanken hinter dem Schweißpunkt berücksichtigt (Kontakt). Abhängig vom Schweißverfahren (Autogen-Gasflamme, Lichtbogen, Laser, Reibrühr, Elektronenstrahl,..) wird eine geeignete Verteilung der Wärmezufuhr ausgewählt. Bei Stahlwerkstoffen muss auf Phasen- bzw. Gefügeumwandlung geachtet werden.

Bei der Simulation des transienten Temperaturfeldes ist es wichtig, eine angemessene Verteilung des Wärmeeintrages der Schweißsimulation zu modellieren. Diese Verteilung hängt stark von der Art der Wärmequelle des Schweißprozesses ab. Wichtig dabei ist, die resultierende Temperaturverteilung zu prüfen und mit Schliffbildern zu vergleichen. In der hier nebenstehenden animierten Abbildung ist das Temperaturfeld einer kreisförmig umlaufenden Wärmequelle auf einem Blech dargestellt. Bereits dieses Temperaturfeld ist durch den "Überlapp" - also die Zone, die am Anfang und im Endbereich des Umlaufes doppelt überstrichen wird - durchaus nicht einfach zu simulieren. Eine solche umlaufende Schweißnaht - zum Beispiel die Verbindung einer Achse mit einem Radteller - ergibt sehr komplexe Spannungs- und Deformations- (Unrundheits-) Verteilungen.

Die Strukturmechanik

Mit der Simulation der Strukturmechanik werden die Einspannbedingungen und die thermischen Dehnungen berücksichtigt und die daraus resultierenden Verschiebungen und die Spannungsverteilung und der nach dem Prozess bleibende Eigenspannungszustand berechnet. Für Stahlwerkstoffe können auch die Gefügebestandteile nach der Phasen- bzw. Gefügeumwandlung und die Härte die Berechnungsziele sein.

Bei der Simulation der Strukturmechanik sind insbesondere die Einspannbedingungen wichtig. Beachten Sie, dass für eine Einspannung in der Praxis nicht immer alle Freiheitsgrade in der Simulation festgehalten (Randbedingung) werden sollten. Stellen wir uns Bleche vor, die verschweißt werden:

Es muss auch berücksichtigt werden, dass die Einspannung in der Praxis oft während des Prozesses oder vor dem vollständigen Abkühlen auf Raumtemperatur geändert oder gelöst wird.

Phasenumwandlung

In vielen Anwendungen von Schweißsimulationen mit Stahlwerkstoffen muss Phasenumwandlung in Betracht gezogen werden. Die Phasenumwandlung beeinflusst die Materialdaten, insbesondere die thermische Dehnung (also den Wärmeausdehnungskoeffizienten).

Die Phasenumwandlung wird im allgemeinen über die STAZ-Parameter bestimmt. Diese Abkürzung ist geprägt durch die Spitzentemperatur Tmax (also die höchste Temperatur, die bei dem Aufheiz-Abkühl-Prozess erreicht wurde) und die Abkühlzeit t8/5 (die Zeit, die beim Abkühlen zwischen 800°C und 500°C vergeht). Eine Erweiterung stellt die STAAZ-Methode dar, bei der zusätzlich als dritter Parameter die Austenit-Verweilzeit taust zugrunde gelegt wird. Diese Methode hat sich insbesondere für Schweißprozesse bewährt, bei denen die Verweilzeit im Austenitbereich kurz ist und damit eine nur unvollständige Austenitisierung auftreten kann.

Die Phasenumwandlung kann auch über ZTU-basierende Methoden (Leblond, Denis) bestimmt werden.

Wie genau sind die Ergebnisse der Schweißsimulation?

Die zahlreichen Effekte, die beim Schweißen wirksam sind, ergeben eine sehr komplexe Simulation. Viele Annahmen und Vereinfachungen werden getroffen. Die Genauigkeit der Simulation kann zum Beispiel beurteilt werden

Beispiele

Veröffentlichungen über einige durchgeführte Schweißsimulationen finden Sie in den Fallbeispielen.

Ein Anwendung aus dem technischen Alltag:

Bei einer großen Stahlkonstruktion wird ein Hohlraum durch eine Mehrlagen-Schweißnaht geschlossen. Weil durch diese konstruktive Anordnung der Hohlraum nicht mehr zugänglich ist, kann man also nach dem Schweißen nicht mehr die Wurzel inspizieren oder gar die Eigenspannungen messen, die sich nach dem Schweißen ergeben. Diese Eigenspannungen sind aber wichtig für das Verhalten unter Betriebslasten: wenn sie im Druckbereich liegen (Druckspannungen), dann kann ein Anriss durch Ermüdung nahezu ausgeschlossen werden. Also kann eine Schweißsimulation hilfreich für die Bewertung der Spannungen in diesem Bereich sein.

Simulation der Schweißnaht pauschal

Im technischen Alltag hat die FEM-Simulation oft das Ziel, für ein großes Bauteil (ein Schiff, ein Schienenfahrzeug, eine Brücke) komplett den Verzug beim Schweißen zu bestimmen. Hierfür ist eine detaillierte Simulation mit den Methoden, die oben beschrieben wurden, nicht praktikabel. Eine in solchen Fällen geeignete Vorgehensweise ist zum Beispiel die Schrumpfkraftmethode. Dabei wird die Schweißnaht im FEM-Modell nicht mit Elementen diskretisiert, sondern ihre Wirkung indirekt mit Kräften als Last berücksichtigt. Die Kräfte repräsentieren dadurch das Schrumpfen des verschweißten Materials.

Bei der Anwendung der Schrumpfkraftmethode werden etliche Details der Geometrie und der Effekte vernachlässigt, man erhält dafür enorme Vorteile beim Rechenaufwand. Die Anwendung der Schrumpfkraftmethode ergibt im allgemeinen deutlich geringere Rechenzeiten bei der Lösung. Eine solche Simulation kann auch gut in den Arbeitsablauf (work flow) der Konstruktion und Fertigung (Planung) eingefügt werden.

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