Phasenwechsel

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engl: phase change          Kategorie: Aa-leerbild.jpg Level 3 Temperaturfeld Material


Allgemeine Informationen hierzu finden Sie zum Beispiel bei wikipedia:Phasenübergang

Inhaltsverzeichnis

Simulation

Phasenwechsel oder Phasenübergang ist ein Wechsel des Aggregatzustandes (fest-flüssig-gasförmig) des Materials. Im allgemeinen kann beobachtet werden, dass mit diesem Wechsel des Aggregatzustandes eine Wärmemenge (latente Wärme) verbunden ist. Phasenwechsel kann bei einer transienten Simulation eines Temperaturfeldes berücksichtigt werden.

Bei Temperaturänderungen besteht im allgemeinen der Zusammenhang, dass

Bei einem Phasenwechsel des Materials ist zusätzlich eine Zufuhr oder Abfuhr einer Wärmemenge notwendig, die direkt mit dem Phasenwechsel zusammenhängt. Diese Wärmemenge wird "latente Wärme" genannt.

Der Phasenwechsel und die latente Wärme ist nur von Bedeutung bei transienten Temperaturfeldern, denn nur wenn zeitiche Änderungen der Temperaturen betrachtet werden, hat die latente Wärme einen Einfluss. Bei stationären Temperaturfeldern ist ein Phasenwechsel nicht von Bedeutung.

Solche Phasenwechsel sind bei der Simulation von Festkörpern meistens der Wechsel fest-flüssig, bei der Simulation von Fluiddynamik meistens der Wechsel flüssig-gasförmig.

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Der Einfluss des Phasenwechsels und der latenten Wärme zeigt sich zum Beispiel bei kontinuierlichen Aufheiz- oder Abkühlvorgängen daran, dass sich ein Plateau des Verlaufes der Temperatur über der Zeit ergibt. Beim Aufheizen führt die zugeführte Wärme beim Phasenwechsel nicht zum Ansteigen der Temperatur, sondern "befriedigt" den Bedarf an latenter Wärme. Beim Abkühlen ergibt die Wärmeabfuhr beim Phasenwechsel vorübergehend nicht eine Verringerung der Temperatur.


Grundlagen

Bei einem Phasenübergang nimmt ein Körper Energie auf oder gibt sie ab, ohne dabei wesentlich seine Temperatur zu verändern. Diese je nach Richtung der Änderung aufgenommene oder abgegebene Energie wird als latente Wärme HLat bezeichnet. In technischen Aufgabenstellungen ist ein solcher Phasenübergang vielfach ein Übergang zwischen dem festem und flüssigem Materialzustand. Es kann aber auch ein sonstiger Vorgang im Material sein, der endotherm (unter Aufnahme von thermischer Energie) oder exotherm (unter Abgabe von thermischer Energie) verläuft.

In der numerischen Simulation des Temperaturfeldes erfolgt die Berücksichtigung des Phasenüberganges durch eine nichtlineare, von der Temperatur abhängige Funktion der Materialdaten. Mit einer solchen Funktion ist es möglich, die latente Wärme im Phasenwechselbereich zwischen Liquidus- und Solidustemperatur zu erfassen. Die Bezeichnungen der Solidus- und Liquidustemperatur werden zur Vereinfachung hier für die untere und obere Grenztemperatur des Phasenwechselbereiches verwendet.

Die latente Wärme kann entweder mit einer nichtlinearen Funktion der Enthalpie oder einer nichtlinearen Funktion der Wärmekapazität berücksichtigt werden. Zur Erläuterung beider Vorgehensweisen wird an die Definition der Enthalpie H eines Stoffes erinnert, die sich als Zustandsgröße zu

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ergibt. Dabei sind

Wir beschränken uns im weiteren auf Zustandsänderungen, bei denen sich der Druck nicht ändert. Dies ist im allgemeinen bei festen Materialien oder auch meistens bei Flüssigkeiten der Fall.

Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass diese Überlegungen hinsichtlich der Zustandsänderungen bei gleichem Druck oder gleichem Volumen die Energiebilanz betreffen und damit die Vorgänge, die bei der Untersuchung der Temperaturverteilung in einem Bauteil zu berücksichtigen sind. Dies ist zu unterscheiden von einer Berechnung der Strukturmechanik, bei der eine Temperaturverteilung zugrundegelegt wird und daraus thermische Dehnungen resultieren. Während diese thermisch induzierten Dehnungen in technischen Berechnungen immer eine signifikante Rolle bei der Beanspruchung spielen, sind Druck- und Volumenänderungen bei der Energiebilanz bei technischen Berechnungen von Bauteilen aus festen Stoffen vernachlässigbar.

Unter dieser Beschränkung der Zustandsänderungen ergibt sich bei einer Temperaturänderung ohne Phasenübergang die Änderung der Enthalpie nach

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als Änderung der inneren Energie und damit zu

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beziehungsweise

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wobei

Bei einem Phasenwechsel ist zusätzlich die latente Wärme HLat zu berücksichtigen. Für ein Temperaturintervall von T1 bis T2, das nun den Phasenwechselbereich zwischen TS und TL einschließt (mit T1 < TS < TL < T2), gilt daher

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beziehungsweise

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In dieser Darstellung wird der Phasenwechsel im Bereich des FEM-Modells untersucht. Die Materie, die dabei den Phasenwechsel erfährt, ist Bestandteil des Modells. Für diesen Materiebereich werden dann die Materialdaten eingegeben, die die latente Wärme enthalten, so dass das besondere Verhalten des Materials beim Durchlaufen dieses Temperaturbereiches berücksichtigt werden kann.


Enthalpiemodell

Bei der Verwendung einer nichtlinearen Funktion der Enthalpie wird die latente Wärme dadurch abgebildet, dass im Phasenwechselbereich zwischen der unteren Temperatur TS und der oberen Temperatur TL die Enthalpiefunktion mit einem stufenförmigen Verlauf definiert wird. Die Stufe ergibt sich im Phasenwechselbereich durch die latente Wärme gemäß

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Bei der Temperaturänderung im Temperaturintervall TS < TL ergibt sich damit ein Anstieg der Enthalpie ΔHL-S, der gegenüber dem Enthalpieanstieg in den benachbarten Bereichen ΔH um HLat erhöht ist. Anschaulich kann dieser Verlauf charakterisiert werden durch eine Funktion der Enthalpie über der Temperatur, die im Phasenwechsel-Temperaturbereich eine steile Stufe oder einen Sprung aufweist.

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Bei der numerischen Lösung eines transienten Temperaturfeldes mit Phasenwechsel ist das Enthalpiemodell vorteilhaft, da der zeitliche Ablauf schrittweise gerechnet wird. Dies ergibt entsprechend eine Schrittfolge entlang der Temperaturachse. Auch bei relativ großen Schritten kann der Einfluss der latenten Wärme durch die Stufe in der Enthalpiefunktion mit Sicherheit eingearbeitet werden. Dadurch verringert sich der Rechenaufwand.


Nichtlineare Funktion der Wärmekapazität

Bei der Verwendung einer nichtlinearen Funktion der Wärmekapazität wird die latente Wärme HLat innerhalb des Integral-Ausdruckes berücksichtigt. Dann ergibt sich in den Grenzen des Intervalls zwischen der Solidustemperatur TS und der Liquidustemperatur TL die Enthalpieänderung als

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mit

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und

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Anschaulich kann diese Vorgehensweise charakterisiert werden durch eine Funktion der Wärmekapazität über der Temperatur cpL-S, die im Phasenwechsel-Temperaturintervall gegenüber der Wärmekapazität cp des Materials im benachbarten Temperaturbereich einen höheren Wert annimmt. Das Integral (der Flächeninhalt) dieses "Rechteckimpulses", der über die Kapazität des umgebenden Bereiches hinausragt, entspricht der latenten Wärme.

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Bei der numerischen Lösung einer Aufgabe mit Phasenwechsel ist die nichtlineare Funktion der spezifischen Wärme unvorteilhaft, da bei einer Schrittfolge im Zeitbereich bzw. entsprechend einer Schrittfolge entlang der Temperaturachse die Zeitschrittweite schärfer begrenzt werden muss. Bei relativ großen Schritten kann das erhöhte Niveau des Funktionsverlaufes, das die latente Wärme repräsentiert, nur ungenau berücksichtigt werden oder im ungünstigen Fall auch übersprungen werden. Daher ist eine besondere Aufmerksamkeit der Wahl der Zeitschrittweite zu widmen. Im allgemeinen ist ein gegenüber dem Enthalpiemodell erhöhter Rechenaufwand erforderlich.


Tips und Tricks

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Bei einem sehr steilen Anstieg der Enthalpie-Zeit-Funktion im Phasenwechselbereich wird die Konvergenz erschwert. Diese Konvergenzprobleme sind zum Bespiel an einer Folge von Gleichgewichtsiterationen zu erkennen, bei denen die DOF-Inkremente nur sehr langsam geringer werden oder alternieren (in gleicher Größe, jedoch mit wechselnden Vorzeichen aufeinander folgen).

Ein typischer Verlauf einer Kontrollkurve während der Lösung ist rechts in der Abbildung gezeigt. Über der Folge der Gleichgewichtsiterationen (nach rechts aufgetragen) sind die Zahlenwerte des Residuums der Gleichgewichtskontrolle (violette Kurve) und des Kriteriums (hellblaue Gerade) dargestellt. Die hier typischen Abschnitte sind die Zick-Zack-Abschnitte. Die alternierenden Werte des Ungleichgewichtes sind dadurch bedingt, dass die innere Energie des Modells über die Gausspunkte (Integrationspunkte) aufsummiert wird. Dabei kann bei einer scharfen Stufe der Enthalpie-Funktion jeweils nur das untere oder das obere Niveau der Funktion zugrundegelegt werden. Wenn also zum Beispiel

Damit wiederholt sich der Zyklus, es kann kein Zwischenwert getroffen werden und der Verlauf ergibt die zick-zack-förmige alternierende Kontroll-Kurve, die in der Abbildung rechts zu sehen ist.

Eine solche Konvergenzklippe kann zum Beispiel dadurch passiert werden, dass die Enthalpie-Funktion abgeflacht wird, so dass ein solcher Gausspunkt auf der "Schräge" der Enthalpie-Funktion liegen kann. Oder es wird vorübergehend das Konvergenzkriterium erweitert. Im allgemeinen hilft hierbei NICHT die Erhöhung der zulässigen Anzahl der Gleichgewichtsiterationen (dadurch ergeben sich nur mehr Zick-Zack-Sprünge, aber keine Änderung der Bedingungen).

Was kann der Anwender ändern, um über diese Hürde hinweg zu kommen? Die Konvergenz ist unter anderem zu beeinflussen durch

Wenn ein Beispiel mit Phasenwechsel gerechnet werden soll, bei dem Konvergenzprobleme auftreten, kann zum Beispiel wie folgt vorgegangen werden:


Sonstige Begriffe

Der Phasenwechsel im Temperaturfeld ist zu unterscheiden von der Phasenumwandlung in der Metallurgie.

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