Phasenumwandlung

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engl: phase change          Kategorie: Aa-leerbild.jpg Level 4 Maschinenbau Material


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Phasenumwandlung oder Gefügeumwandlung ist ein Wechsel der Gefügezusammensetzung von metallischen Werkstoffen. Bei der Phasenumwandlung ändert sich der Kristallaufbau der Werkstoff-Bestandteile. Allgemeine Informationen hierzu finden Sie zum Beispiel bei wikipedia:Gefüge oder wikipedia:Johnson-Mehl-Avrami-Kolmogorow-Gleichung oder wikipedia:ZTU-Diagramm.

Ein typisches ZTU-Diagramm ist hier rechts dargestellt (S355J2G3). Es zeigt über der (logarithmisch aufgetragenen) Zeit t die Temperatur T beim Abkühlen von Proben, die soweit aufgeheizt wurden, dass sie vollständig austenitisiert waren. Die roten Kurven stellen den Temperaturverlauf bei der Abkühlung dar. Das Material dieser Proben zeigt am Ende der Abkühlung eine Phasenzusammensetzung von Austenit(A), Ferrit(F), Perlit(P), Zwischengefüge(Zw) und Martensit(M). Aus der Menge der Proben kann auf die Grenzkurven der Umwandlungsbereiche (schwarz) geschlossen werden. Die umkreisten Ziffern am Ende der roten Kurven (450,420,..,210) sind die gemessene Härte der Proben.

Eine Phasenumwandlung tritt insbesondere bei ferritischen Stählen auf. Viele Stahlsorten haben bei Raumtemperatur einen kubisch-raumzentrierten Kristallaufbau (alpha α, typisch für ferritische Anteile). Bei höheren Temperaturen wandelt sich der Kristallaufbau um zu kubisch-flächenzentriert (gamma γ, typisch für austenitische Anteile). Die α->γ-Umwandlung beim Aufheizen wird auch Hin-Umwandlung und die γ->α-Umwandlung beim Abkühlen wird auch Rück-Umwandlung genannt.

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Die Phasenumwandlung bei Stählen wird experimentell durch Dilatogramme gemessen (nebenstehend ist ein Beispiel gezeigt). Dabei wird eine Materialprobe kräftefrei gelagert und aufgeheizt und wieder abgekühlt. Während dieses Vorganges wird die thermisch induzierte Dehnung gemessen. Das Dilatogramm zeigt die Längenänderung der Probe als Funktion der Temperatur. Aus dem Verlauf des Dilatogramms wird auf die Umwandlung des Materials geschlossen. Rechts ist ein solches Dilatogramm für einen ferritischen Stahlwerkstoff beispielhaft dargestellt.

Bei vielen Stahlsorten tritt beim Aufheizen etwa bei 800°C die Hin-Umwandlung α (Ac1) -> γ (Ac3) auf. Die Rückumwandlung γ (TB) -> α (TA) tritt bei langsamer Abkühlung (slow cooling) nahezu bei der gleichen Temperatur auf. Bei schneller Abkühlung (fast cooling) verzögert sich die Rückumwandlung, sie erfolgt dann erst bei geringeren Temperaturen, diese Verzögerung wird auch Unterkühlung genannt.

Aus vielen solchen Dilatogrammen werden ZTU-Diagramme abgeleitet.

Bei der Rückumwandlung ist eine deutliche Plastizität zu beobachten (Umwandlungsplastizität, TRIP = transformation induced plasticity).

Inhaltsverzeichnis

Simulation

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In der Simulation ergeben sich durch die Phasenumwandlung Unterschiede in den mechanisch-technologischen Eigenschaften des Materials, zum Beispiel bei

Dies ergibt Zusammenhänge zwischen Größen des Temperaturfeldes (Temperaturen) und der Strukturmechanik (Wärmeausdehnungskoeffizient). Daher ist bei einer Simulation der Phasenumwandlung immer das Temperaturfeld und die Strukturmechanik zu berechnen. Die Temperaturen (also die Ergebnisse des Temperaturfeldes) haben Einfluss auf die Materialdaten der Strukturmechanik, aber es gibt keine wesentlichen Rückwirkungen der Phasenumwandlung in der anderen Richtung. Dies erlaubt eine sequentielle Simulation von Temperaturfeld und Strukturmechanik nacheinander. Allerdings kann es andere Effekte im Bauteil geben, die eine gleichzeitige gekoppelte Simulation von Temperaturfeld und Strukturmechanik erforderlich machen, zum Beispiel Kontakt- oder Berührungsbereiche, bei denen abhängig von den Verschiebungen Wärme übertragen wird oder nicht.

Es ist üblich, folgende Annahmen zugrunde zu legen:

Weitere Angaben finde Sie auch bei Schweißsimulation.

Beispiel Phasenumwandlung

Die Phasenumwandlung hat in der Simulation Auswirkungen auf das Temperaturfeld (über Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität, latente Wärme, Dichte), die Strukturmechanik (thermische Ausdehnung, Festigkeitswerte) und das Magnetfeld (bei induktiven Verfahren). Dies betrifft technische Prozesse wie

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Für die numerische Modellierung der Phasenumwandlung sind verschiedene Methoden üblich, zum Beispiel

Bei der Leblond-Methode wird der zeitliche Verlauf der Umwandlung von einer Phase in die andere über Exponentialfunktionen abgebildet. Der Anwender legt die Funktionsparameter so fest, dass das ZTU-Diagramm so gut wie möglich abgebildet wird. In der Abbildung hier rechts ist ein typisches Ergebnis einer simulierten Probe gezeigt. Die oberen Diagramme zeigen jeweils die Temperatur, aufgetragen über der log-Darstellung der Zeit. Die unteren Diagramme zeigen die Gefügeanteile über der log-Darstellung der Zeit. Nach dem Aufheizen (und dem vollständigen Austenitisieren) wird die Probe abgekühlt. Für eine Abkühlung von 900°C auf 200°C in 20s (linkes Teilbild) und eine langsamere Abkühlung (rechtes Teilbild, 900°C bis 200°C in 200s) ergeben sich unterschiedliche Phasenanteile. Eine Voraussetzung einer guten Schweißsimulation mit der Leblond-Methode ist, mit den gewählten Funktionsparametern eine Reihe solcher Verläufe zu simulieren, damit ein ZTU-Diagramm zu "synthetisieren" und mit dem gegebenen ZTU-Diagramm des Materials zu vergleichen. Ergebnis der Simulation sind die Gefügeanteile sowie Verzug und Eigenspannungen. Nachteilig sind u.a. die Akkumulation der Unschärfen vom Dilatogramm über ZTU-Diagramme und Funktionsparameter bis zur Simulation, die Bestimmung von Materialdaten für die reinen Phasen und die Anwendung der Mischungsregel für Materialdaten wie Festigkeiten. Bei der Denis-Methode wird in dem ZTU-Diagramm schrittweise interpoliert. Ein Nachteil dieser Methoden (Leblond, Denis) besteht darin, dass für die Bestimmung der resultierenden Materialeigenschaften der jeweils aktuellen Mischung die Materialdaten jeder Phase einzeln gegeben sein müssen. Das ist oft ein Problem, denn die Phasen einzeln als Probe sind nicht herstellbar, man ist in weiten Bereichen des maßgebenden T-Intervalles auf Schätzungen angewiesen.

Bei der STAZ- oder der STAAZ-Methode wird direkt das Ergebnis der transienten Temperaturfeldberechnung verwendet, um daraus für jedes Element in der Strukturmechanik die thermischen Dehnungen zu bestimmen. Hierfür findet eine Interpolation innerhalb einer Dilatogramm-Datenbank statt. Ergebnis der Simulation sind Verzug und Eigenspannungen.

Selbststudium

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Zum Selbststudium ist hier in einer Bildfolge beispielhaft dargestellt, welche Auswirkung der Effekt der Phasenumwandlung auf die Spannungen bei einem Schweißvorgang hat.

Sonstige Begriffe

Die Phasenumwandlung in der Metallurgie ist zu unterscheiden vom Phasenwechsel im Temperaturfeld, der Zustandsänderung (fest-flüssig, flüssig-gasförmig, Verdampfen,..)

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