Newton-Raphson-Verfahren
Aus ESOCAETWIKIPLUS
engl: Newton-Raphson method Kategorie:
Level 3 Theorie
Das Newton-Raphson-Verfahren wird vorwiegend bei Simulationen der FEM mit Nichtlinearitäten eingesetzt.
In den folgenden Zeilen wird mit "Steifigkeit" des Bauteils der Begriff der Strukturmechanik verwendet. Für andere Bereiche wie Temperaturfelder, Magnetfelder usw. werden die entsprechenden Zahlenwerte verwendet, die das Bauteilverhalten repräsentieren.
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Simulation
In der Abbildung rechts ist ein nichtlinearer Verlauf einer Funktion gezeigt. Die Abszisse (unten quer) stellt hier eine Verschiebung dar, die Ordinate (nach oben) eine Kraft. So sieht zum Beispiel die Funktion eines Sprungbrettes im Schwimmbad aus, wenn man die Verschiebung (Auslenkung) des Endes des Brettes und die Gewichtslast durch einen Springer aufzeichnet.
Die Funktion ist gekrümmt und damit nichtlinear. Die Nichtlinearität dieser Anwendung der Strukturmechanik besteht zwischen dem Freiheitsgrad (der Verschiebung am Ende) und der Last (der Kraft am Ende).
Wenn bei der Simulation dieses Sprungbrettes die Lösung beginnt, dann liegt das Gleichungssystem für den Ausgangszustand zugrunde (repräsentiert durch den Funktionsabschnitt am Ursprung des Diagramms, die "Anfangssteigung"). Als Last ist die Kraft Fa vorgegeben. Aufgabe für den Lösungs-Algorithmus ist es, den Punkt der Funktion bei Fa und der dazu "passenden" Verschiebung ua zu finden.
"Full" Newton-Raphson-Verfahren
Beim Newton-Raphson-Verfahren wird die 1. Gleichgewichtsiteration mit den äußeren Lasten (Fa) und dem Anfangswert der Steifigkeit [KT1] durchgeführt. Die Bilanz zwischen den äußeren (Fa) und den inneren (Fi) Lasten zeigt aber einen zu großen Restwert (Residuum). Daher wird für die nächste Gleichgewichtsiteration das Bauteilverhalten entsprechend der vorgegebenen Nichtlinearität korrigiert. Dies ergibt im allgemeinen eine geänderte Steifigkeit, in der Abbildung rechts als eine Gerade mit einer etwas geringeren Steigung skizziert. Die Kraft (Finr) und die Verschiebung ui stellen hierbei den neuen Ausgangszustand dar. Aufbauend auf die 1. Iteration wird damit die 2. Iteration durchgeführt. Für alle weiteren Iterationen wird jeweils die aktualisierte Steifigkeit zugrunde gelegt. Diese Folge wird fortgesetzt, bis Konvergenz festgestellt wird.
In der numerischen Bearbeitung dieser Folge wird meistens von einer Iteration zur nächsten nur mit inkrementellen Werten gerechnet, also nur die jeweiligen Änderungen berechnet und verfolgt. Erst wenn Konvergenz festgestellt wird, wird der aktuelle Zustand als gültiges Ergebnis festgehalten.
Der Aufwand der Lösung ist im wesentlichen bestimmt durch die jeweils geänderte Steifigkeit. Deswegen sind zahlreiche Modifikationen des Newton-Raphson-Verfahrens entwickelt worden. Die hier dargestellte Vorgehensweise wird deswegen als ursprüngliches "Full" (vollständiges) Newton-Raphson-Verfahren bezeichnet.
Inkrementelles Newton-Raphson-Verfahren
Der Rechenaufwand für die gesamte zu berechnende Last F kann reduziert werden, wenn zunächst nur ein Teil der Last zugrunde gelegt wird wie der Abschnitt Fa1 in der nebenstehenden Skizze. Mit einigen Gleichgewichtsiterationen wird hierfür bis zum Erreichen der Konvergenz gerechnet. Dann wird das nächste Lastinkrement Fa2 begonnen. Insgesamt ergibt sich ein geringerer Aufwand als bei der Abfolge des "Full" Newton-Raphson-Verfahrens für die gesamte Lastamplitude.
Modifiziertes Newton-Raphson-Verfahren
Im Gegensatz zum vorgenannten "vollen" Newton-Raphson-Verfahren wird bei der modifizierten Newton-Raphson-Methode bei jeder Gleichgewichtsiteration der Anfangswert der Steifigkeit [KT1] verwendet. Diese Modifikation wird auch "initial stiffness Newton-Raphson" genannt.
Der Aufwand der Lösung wird dadurch reduziert. Die Konvergenz ist jedoch langsamer, es sind im allgemeinen mehr Iterationen erforderlich.
Tips und Tricks
Nicht immer ist die Konvergenz des Newton-Raphson-Verfahrens sichergestellt. Es sind Bauteile und Simulationen denkbar, bei denen Divergenz zu erwarten ist.
Sonstige Begriffe
Eine Modifikation der Iterationsfolge stellt das Bogenlängenverfahren dar.