FEM Handrechnung T17

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FEM-Theorie mit einem einfachen Beispiel (Temperaturfeld)

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Variante: Wärmezufuhr durch Wärmestrahlung

Aufgabenstellung

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Der Wärmeeintrag an der kleinen Stirnseite rechts wird hier nicht abstrakt vorgegeben, sondern durch einen Wärmestrahler erzeugt. Stellen Sie sich dazu einen elektrischen Heizstrahler vor, der vor das Bauteil gestellt wird und eingeschaltet wird. Der Heizstrahler wird (damit es nicht zu einfach ist) etwas seitlich versetzt aufgestellt und strahlt nur auf die kleine Stirnfläche des Bauteils. Damit nur diese kleine Fläche bestrahlt wird, wird um die Stirnfläche herum eine Schutzabdeckung angebracht, die die Strahlung auf die Seitenflächen abschirmt.

Grundlagen der Wärmestrahlung

Bei der Wärmestrahlung (auch als Temperaturstrahlung bezeichnet) erfolgt die Wärmeübertragung durch elektromagnetische Wellen im sichtbaren und im ultraroten Bereich. Hierbei ist kein Trägermedium erforderlich, so dass also auch Wärme im Vakuum übertragen werden kann. Es ist aber eine direkte Sichtverbindung erforderlich. Die für die Wärmestrahlung maßgebende Gleichung, das Stefan-Boltzmann-Gesetz, fasst die physikalischen und geometrischen Einflüsse zusammen und beschreibt den durch Wärmestrahlung ausgetauschten Wärmestrom mit

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mit

Die Bezeichnungen (Strahler-Empfänger) für die beiden Seiten i, j dieser Wärmestrahlungs-Interaktion sind austauschbar. Die Wärmestrahlung ergibt durch die Abhängigkeit von T4 generell eine Nichtlinearität.

Methoden der FEM-Simulation der Wärmestrahlung

Der Sichtfaktor erfordert eine Betrachtung der geometrischen Anordnung. In einer typischen Finite-Elemente-Anwendung wird dabei das Modell mit den Elementen und Knoten mit seiner geometrischen Anordnung zur Bestimmung des Sichtfaktors verwendet. Ein Beispiel dazu finden Sie bei Wärmestrahlung, dort ist eine Kugel und ein darauf strahlender quadratischer Strahler gezeigt. Für jedes Element an der Oberfläche des Modells wird aus der geometrischen Anordnung ein Sichtfaktor bestimmt.

Im FEM-Modell mit den Elementen wird die Strahlung dann als Element hinzugefügt. Das Strahlungs-Element hat dabei so viele Knoten wie die Elemente, die auf beiden Seiten der Strahlungs-Verbindung (also beim Strahler und beim Strahlungsempfänger) vorhanden sind. Dieses Strahlungs-Element ergibt dann den Beitrag der Strahlung in der Gesamtsteifigkeitsmatrix. Bei der numerischen Lösung ergibt sich ein hoher Aufwand, denn die Gesamtsteifigkeitsmatrix muss durch die Nichtlinearität des Strahlungs-Elementes für jede Iteration neu invertiert werden. Die Modellierung mit einem solchen Strahlungs-Element ist gut geeignet für Anordnungen, bei denen die Temperatur des Strahlers unbekannt ist oder verschiedene Bereiche des Bauteils sich gegenseitig anstrahlen und in Strahlungs-Verbindung stehen. Dann sind alle Temperaturen unbekannt und als Freiheitsgrade zu berechnen.

Alternativ kann die Strahlung als Randbedingung für die bestrahlte Modell-Oberfläche modelliert werden. Diese Vorgehensweise ist nur dann praktikabel, wenn die Temperatur des Strahlers ungeändert bleibt und der Sichtfaktor vom Anwender vorgegeben werden kann. Damit wird der Strahler als Randbelastung und damit als Last mit einem Beitrag auf der rechten Seite des Gleichungssystems abgebildet. Dieser Beitrag ist dann nichtlinear, weil er von der Temperatur der bestrahlten Fläche, die ja eine Oberfläche des Modells ist, abhängig ist. Das kann eine tabellarische Last sein, mit der die T4-Abhängigkeit erfasst wird. Diese Abhängigkeit von T4 der bestrahlten Fläche erfordert weiterhin eine iterative Lösung und damit mehrere Lösungsschritte, aber die Gesamtsteifigkeitsmatrix ändert sich nicht.

Idealisierung der Wärmestrahlung

In diesem Beispiel betrachten wir als Zielfläche der Wärmestrahlung die kleine rechteckige Stirnfläche des Modells. Diese Zielfläche ist 10 x 1 mm groß und hat hier zur Vereinfachung eine einheitliche mittlere Temperatur.

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Der Strahler ist schräg vor dieser Stirnfläche angeordnet. Für die Berechnung des Sichtfaktors muss die geometrische Anordnung des Strahlers und der bestrahlten Fläche betrachtet werden. Maßgeblich ist der Flächenanteil des Strahlers an der Gesamtfläche des Halbraumes über der bestrahlten Fläche. Für unsere Aufgabe wird dies hier konkreter beschrieben.

Die Betrachtung geht von der kleinen Stirnfläche des Bauteils aus. Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf der Stirnfläche und machen ein Panorama-Foto der Umgebung mit einem Fischauge-Objektiv. Dann sieht das Bild etwa so aus wie hier in der Abbildung rechts skizziert. Sie sehen den Halbraum zwischen oben und unten bzw. rechts und links. Der Umriss des Strahlers ist als rote Fläche gezeigt. Aus dieser Darstellung ergibt sich der Sichtfaktor für den Strahler als der Flächenanteil der roten Fläche an der gesamten Kreisfläche des Halbraumes. Der Sichtfaktor wird kleiner, wenn der Strahler weiter entfernt wird oder wenn er weggedreht wird (dann wird der Flächenanteil kleiner), und geht schließlich gegen Null. Als Maximalwert kann der Sichtfaktor 1.0 betragen, wenn der Strahler ganz dicht herangeschoben wird und schließlich den gesamten Halbraum vor der Stirnfläche abdeckt – also sozusagen die Stirnfläche umschließt.

Hier in unserem Fall verzichten wir darauf, die einzelnen Schritte der Berechnung des Sichtfaktors darzustellen. Formeln für einige geometrische Anordnungen finden Sie in der Literatur. Hier ergibt sich für den Sichtfaktor ein Wert von 0.16.

Diskretisierung der Wärmestrahlung

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In dem FEM-Modell wird die Interaktion zwischen dem Strahler und der Stirnfläche mit einem linienförmigen Element mit 2 End-Knoten diskretisiert. In der Strukturmechanik würde es als Stab-Element bezeichnet, beim Temperaturfeld wird es Link-Element genannt. Die Abbildung rechts zeigt das bisher beschriebene Modell mit den beiden Elementen des konischen Bauteils, hier jetzt erweitert um das zusätzliche Element mit der Nummer 3, das rechts die Verbindung der kleinen Stirnfläche zum Strahler darstellt. Der Knoten 4 stellt den Strahler dar.

Welche Eigenschaften hat das Strahler-Element 3 hier in diesem Beispiel? Das Element verbindet die Knoten 3 (das rechte Ende des Bauteils) mit dem Knoten 4 (den Strahler). Das Element soll die Stefan-Boltzmann-Gleichung ausführen, die oben auf dieser Seite genannt ist. Für das Element werden die Zahlenwerte hinzugefügt:

Welche Eigenschaften hat der Knoten 4, der hier in diesem Beispiel den Strahler repräsentiert? Für den Strahler-Knoten 4 wird eine Temperatur von 1727°C festgelegt. Wo kommt dieser Wert her? Mit den für das Element genannten Zahlenwerten und

ergibt sich aus der Stefan-Boltzmann-Gleichung

Mit diesen Daten können wir erreichen, dass durch den Strahler eine Wärmeleistung von Q = 1 W in das Bauteil eingeleitet wird und damit etwa die Bedingungen vorliegen, die vorher auf Seite T2 dieser Folge zugrunde gelegt wurden.

Bei Simulationen von Temperaturfeldern mit Wärmestrahlung ist es wichtig, zwischen unserer üblichen Celsius-Temperaturskala und absoluten Temperaturen (Kelvin) zu unterscheiden. In der Stefan-Boltzmann-Gleichung sind absolute Temperaturen einzusetzen, und durch den Exponenten sind die Zahlenwerte von großer Bedeutung. In den FEM-Programmen wird meistens angeboten, einen Offset (Skalen-Verschiebung) zwischen absoluten und den für die Dateneingabe verwendeten Werten festzulegen.

Lösung

Bei der Lösung werden zunächst die Elementsteifigkeitsmatrizen berechnet. Für die beiden Elemente 1 und 2, die das Bauteil repräsentieren, waren schon vorher die Zahlenwerte auf Seite T11 dieser Folge beschrieben worden. Für das Strahlungs-Element 3 wird zunächst von einer Start-Temperatur beider Strahler-Partner von 0°C (bei den für die Dateneingabe verwendeten Werten in °C) ausgegangen. Die Elementsteifigkeitsmatrix wird berechnet mit

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(bei Wärmestrahlung wird dies hergeleitet). Hier ergeben sich die folgenden Zahlenwerte, die auch zusammengesetzt mit der Gesamtsteifigkeitsmatrix und dem Gesamt-Gleichungssystem gezeigt sind

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Diese Lösung des Gesamt-Gleichungssystems wird iterativ wiederholt und jeweils die Elementsteifigkeitsmatrix des Elements 3 für die Strahlungsverbindung neu berechnet. Nach zwei Iterationen ergeben sich dadurch die Werte

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Die Temperaturen an den Knoten werden berechnet zu T1 = 20°C, T2 = 51.7°C, T3 = 115.1°C und T4 = 1727°C. Der Wärmestrom vom Strahler auf die Stirnfläche ergibt sich zu Q = 1.015 W.

Die Eingabedaten (ANSYS® 17.0 Mechanical APDL) finden Sie hier.

Was ist das Wesentliche hierbei?

Die Wärmestrahlung kann in dem FEM-Modell berücksichtigt werden, auch wenn sie nichtlinear von den Temperaturen abhängt.





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