Eigenspannung

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engl: residual stress, initial stress          Kategorie:Aa-leerbild.jpg Level 3 Theorie Mechanik


Allgemeine Informationen hierzu finden Sie zum Beispiel bei wikipedia:Eigenspannung

Inhaltsverzeichnis

Simulation

Im technischen Alltag der Strukturmechanik wird von Eigenspannung gesprochen, wenn in einem Bauteil dicht nebeneinander Bereiche vorliegen, die gegeneinander verspannt sind. Aus Gleichgewichts-Gründen muss es dabei immer Zug- und Druck-Bereiche geben. Im Wortsinn "Eigen"spannung wird damit ausgedrückt, dass dabei keine äußeren Kräfte wirken. Erst wenn man die Bereiche freischneidet und die Schnittkräfte betrachtet, wird der gegenseitige Einfluss der Bereiche erkennbar.

Beispiele für Bauteile, in denen Eigenspannungen auftreten können, sind

Eine solche Verspannung von dicht nebeneinander liegenden Bereichen ergibt sich bereits, wenn ein Bauteil örtlich erwärmt wird und unterschiedlich thermische Dehnungen auftreten. Dieser Fall wird aber NICHT als Eigenspannungs-Zustand bezeichnet, sondern nur ein Zustand, der in Hinsicht auf Temperaturen ausgeglichen ist, bei dem also überall gleiche Temperaturen vorliegen (uniforme Temperatur).

Theoretisch liegt eine Eigenspannung vor, wenn die Spannungs-Dehnungs-Kurve (Elastizität) eines Materials nicht durch den Ursprung geht. Dies ist jedoch im technischen Alltag der Simulation nicht von Bedeutung.

Beispiele

Draht einer Büroklammer

Eigenspannung-1.jpg

Eine Anwendung, die jeder mal schnell selbst ausprobieren kann: biegen Sie den Draht einer Büroklammer so weit um, dass er bleibend verformt (verbogen) ist. Nun biegen Sie ihn wieder zurück, bis er wieder gerade ist. Von außen sieht der Draht nun aus wie vorher. Trotzdem ist jetzt eine Eigenspannung vorhanden.

Wenn Sie genau aufgepasst haben, konnten Sie feststellen, dass beim Rückbiegen in die Ausgangslage nach dem Loslassen eine geringfügige Rückfederung auftritt. Sie müssen den Draht etwas über die Ausgangslage hinaus rückbiegen, erst dann erreicht er nach dem Loslassen und dem Rückfedern die erwünschte Ausgangslage. Im Draht-Querschnitt liegt damit eine Spannungsverteilung vor, die aus den plastischen Hin- und Rückverformungen resultiert. Diese Spannungsverteilung ist in sich im Gleichgewicht, es sind keine äußeren Lasten wirksam.

Diese verbleibende Eigenspannungsverteilung im Drahtquerschnitt ist hier prinzipiell in der Skizze rechts gezeigt. Beim Biegen ergäbe sich bei elastischem Verhalten eine lineare Spannungsverteilung (orange), das tatsächliche nichtlineare Verhalten ergibt eine reduzierte Spannungsverteilung (rot).

Die verbleibende Eigenspannungsverteilung im rückverformten und unbelasteten Zustand ist im unteren Teilbild skizziert.

Interpretation der Spannungsverteilung

Diese verbleibende Eigenspannungsverteilung im unteren Teilbild zeigt die typische und charakteristische Eigenschaft:
Merke: die Eigenspannungen stehen in sich im Gleichgewicht, über den Querschnitt bzw. die Wanddicke ist die Summe der Kräfte und Momente Null.
Für die Spannungsverteilung, die im unteren Teilbild gezeigt ist, muss damit gelten:

Diese Verteilung der gegeneinander gerichteten Bereiche ergibt auch, dass es durch Eigenspannungen allein niemals ein vollständiges Durchreißen oder Durchbrechen des Querschnitts geben kann. Wenn ein Riss entstehen würde, würde dadurch die Eigenspannung reduziert und abgebaut werden (Charakteristik einer Sekundärspannung) und der Riss stoppen. Wenn also tatsächlich ein Bauteil vorliegt, bei dem (zum Beispiel nach einer Wärmebehandlung) ein Teil abgebrochen ist, wird mit Sicherheit nicht allein die Eigenspannung ursächlich sein, sondern es werden sehr wahrscheinlich weitere Ursachen zu suchen sein (zum Beispiel Wasserstoffversprödung).

Schweißnaht

Bei der Herstellung einer Schweißnaht kann es sein, dass das Bauteil sich kaum (oder vielleicht gar nicht) verformt. Vorher und lange nachher hat das Material überall Raumtemperatur, also können keine thermisch induzierten Dehnungen vorliegen. Trotzdem bleiben nach dem Schweißen erhebliche Eigenspannungen vorhanden. Wieso?

Während die Schweißnaht hergestellt wird, treten hohe Temperaturen und damit thermisch induzierten Dehnungen auf. Sie ergeben hohe Spannungen, die die Streckgrenze überschreiten und plastisches Verhalten ergeben. Nach dem Abkühlen und dem Verschwinden der thermisch induzierten Dehnungen bleiben durch diese plastischen Anteile Eigenspannungen erhalten, auch wenn das Bauteil wieder vollständig auf Raumtemperatur abgekühlt ist.

Sonstige Begriffe

Wenn man das gesamte Bauteil im Sinn hat, dann spricht man von Vorspannung.

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