Balken-Element

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engl: beam element          Kategorie: Level 2 Theorie


Ein Balken-Element ist ein Element-Typ der Finite-Elemente-Methode. Einem Balken-Element liegen bestimmte Annahmen zugrunde. (Im Vergleich dazu wird mit einem Volumen-Element das 3-dimensionale Bauteil-Verhalten sehr realitätsnah abgebildet.)

Ein Balken-Element ist ein linienförmiges Element mit 2 Endknoten, das mechanische Eigenschaften (Freiheitsgrade,..) hat und damit einen langgestreckten Balken simuliert. Ein Balken-Element ist für ein Bauteil vorgesehen, das länglich und schlank ist. Die Längsrichtung bestimmt die Ausrichtung des Balken-Elementes. Quer zu dieser Längsrichtung werden pauschale Annahmen über die Form, die Eigenschaften und die Ergebnisse des Balken-Elementes getroffen.

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Das Balken-Element kann länger/kürzer werden und gebogen werden. Die hierzu gehörenden Freiheitsgrade (UX,UY,UZ,ROTX,ROTY,ROTZ) gibt es nur in der Strukturmechanik. Daher sind Balken-Elemente nur in der Strukturmechanik verfügbar. Vergleichbare linienförmige Elemente mit 2 Endknoten für Temperaturfeld oder andere Anwendungsbereiche sind als Stab-Elemente anzusehen.

Hier rechts ist das Tragwerk eines Dachstuhls gezeigt. Es ist ein FEM-Modell mit Balken-Elementen für eine Simulation der Strukturmechanik.

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Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Einige grundlegende Eigenschaften von Balken-Elementen:

Simulation

In praktischen Anwendungen haben ebene Balken-Elemente 3 Freiheitsgrade je Knoten. Der erste dieser Freiheitsgrade repräsentiert die Verschiebung in Längsrichtung ux, die auch beim Stab-Element vorhanden ist. Zusätzlich gegenüber dem Stab-Element und typisch für das Balken-Element sind die Freiheitsgrade der Verschiebung uy (quer zum Balken) und der Verdrehungs-Freiheitsgrad φz (um die normal auf der x-y-Ebene stehende z-Achse).

Der Anwender in der Praxis sollte wissen, dass ein ebenes, also 2-dimensionales Balken-Element 3 Freiheitsgrade hat (ux, uy und φz). Ein für 3-dimensionale Modelle vorgesehenes Balkenelement hat 6 Freiheitsgrade (dies sind die 3 Verschiebungen oder Translationen ux, uy, uz und die 3 Verdrehungen oder Rotationen φx, φy, φz). Beachten Sie, dass sich aus den Rotationen ergibt, dass sich ein 3-dimensionales Balken-Element auch um seine eigene Achse drehen kann. Wenn es um eine statisch bestimmte Lagerung geht, muss diese Bewegungsmöglichkeit beachtet und berücksichtigt werden.

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Elementsteifigkeitsmatrix

Für ein Balken-Element gehen in die Elementsteifigkeitsmatrix die Länge des Elementes (die Distanz zwischen den beiden Knoten), die Querschnitts-Eigenschaften (Quer-Abmessungen, Querschnittsfläche, Biege-Trägheitsmomente) des Elementes und die Materialdaten ein. Daraus wird die Elementsteifigkeitsmatrix berechnet. Die Elementsteifigkeitsmatrix für ein Balken-Element mit 2 Knoten (mit jeweils den 6 Freiheitsgraden ux,uy,uz und rotx,roty,rotz) enthält 12 x 12 Zahlenwerte. In der Skizze rechts ist eine solche Matrix prinzipiell mit der Zuordnung zu den Freiheitsgraden der Knoten uxI,uyI,...,rotzJ dargestellt.

Hier ist als Beispiel derjenige Anteil der Elementsteifigkeitsmatrix des Balken-Elementes dargestellt, der die Biegung quer zur Element-Längsrichtung repräsentiert:

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Darin sind der Elastizitätsmodul, die Trägheitsmoment Iz und die Länge L enthalten. Hier erkennt man die Formeln für Kragbalken aus Formelwerken.

Diese Zahlenwerte der Elementsteifigkeitsmatrix werden bei der Vorbereitung der Lösung innerhalb des Elementes in das globale Koordinatensystem transformiert und in die Gesamtsteifigkeitsmatrix) des Gesamt-Gleichungssystems eingefügt.

Modellierung

Ein 2-dimensionales Balken-Element der Strukturmechanik ist in einer Ebene angeordnet (modelliert) und unterstützt an den Knoten als Freiheitsgrade zwei Verschiebungen in dieser Ebene (UX,UY) und eine Verdrehung um die Ebenen-Normale (ROTZ).

Ein 3-dimensionales Balken-Element der Strukturmechanik ist im Raum angeordnet (modelliert) und unterstützt an den Knoten drei Verschiebungen (UX,UY,UZ) und drei Verdrehungen (ROTX,ROTY,ROTZ) im Raum.


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Quer zur Achse des Balken-Elementes wird der Querschnitt durch Zahlenwerte wie Querschnittsfläche und Flächenträgheitsmoment (in der Strukturmechanik) repräsentiert. Mit diesen Werten wird die Steifigkeitsmatrix des Elementes berechnet. Diese Zahlenwerte werden im allgemeine anschaulich durch einen rechteckigen Querschnitt mit den entsprechenden Abmessungen grafisch dargestellt.

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Lasten

Ein Balken-Element kann unter anderem mit

beaufschlagt werden.

In der Skizze rechts ist der Lastvektor dargestellt, der aus den Lasten auf das Element gebildet wird. Für ein Balken-Element der Strukturmechanik mit 2 Knoten enthält er 12 Zahlenwerte.

Diese Lasten werden bei der Vorbereitung der Lösung innerhalb des Elementes auf die Knoten umgerechnet. Anschließend werden sie in das globale Koordinatensystem transformiert und (wie die Elementsteifigkeitsmatrix in die Gesamtsteifigkeitsmatrix) in den Lastvektor des Gesamt-Gleichungssystems eingefügt.

Lösung

Vor der Verwendung der Elementsteifigkeitsmatrix innerhalb der Gesamtsteifgkeitsmatrix wird eine Koordinatentransformation durchgeführt. Dadurch wird die Orientierung der Element-Längsrichtung im Raum berücksichtigt und die Verbindung zu den Freiheitsgraden der Lösung hergestellt.

Der numerische Aufwand für Balken-Elemente bei der Lösung ist relativ gering (im Vergleich zu anderen Element-Typen).

Ergebnisgrößen


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Die Ansatzfunktionen des Balken-Elementes beschreiben den Verlauf der mechanischen Freiheitsgrade entlang des Balken-Elementes.


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Die Ergebnisgrößen, die nach der Lösung durch Integration bestimmt werden (Dehnungen, Spannungen,..), sind an dem Integrationspunkt in Element-Mitte gültig.


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Nach der Lösung ergibt sich zum Beispiel in der Strukturmechanik für einen Balken, der durch ein Moment an den Enden gebogen wird, eine lineare Dehnungsverteilung.


Beispiel

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An einem Beispiel der Strukturmechanik wird hier gezeigt, welche Zahlenwerte in der Elementsteifigkeitsmatrix des Balken-Elementes berechnet werden. Das Bauteil ist hier in der Abbildung rechts dargestellt. Es ist ein Quader mit den Abmessungen 50 x 20 x 1 mm. Als Materialdaten verwenden wir einen Elastizitätsmodul von 210000 MPa und eine Querkontraktion von 0.3. Dieses Modell entspricht in dem Beispiel der FEM-Handrechnung dem Element 2.

Hier wird das Bauteil mit einem Balken-Element mit einem FEM-Programm (ANSYS® Mechanical) simuliert. Als Element-Typ des Balken-Elementes der Strukturmechanik wird "BEAM188" verwendet. Die Länge 50 mm des Elementes ergibt sich aus den Positionen der Knoten I und J. Für den Querschnitt des Balken-Elementes wird die Form als "Rechteck" und die Abmessungen als Breite 1 mm und Höhe 20 mm eingesetzt. Eine Skizze des Modells ist hier in der Abbildung rechts gezeigt. Die Dateneingabe für ANSYS® Mechanical 17.0 finden Sie hier.

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Hier für diese Anwendung wurde veranlasst, dass die Zahlenwerte der Elementsteifigkeitsmatrix ausgegeben werden. Die Meldung des Programms ergibt

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Man erkennt an der Position (1,1) oben links den Wert, der auch für die Längssteifigkeit des Stab-Elementes und auch im Detail für Element 2 des Beispiels der FEM-Handrechnung berechnet wurde.

Aus der Erfahrung


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Querschnitts-Integrationspunkte

Zum Berechnen der Spannung in der Strukturmechanik wird mit den Zahlenwerten von Querschnittsfläche und Trägheitsmoment eine Spannungsverteilung berechnet. Hier in der Abbildung rechts ist eine Lösung dargestellt, die für einen Balken mit einem rechteckigen Querschnitt und linear-elastischem Material zutrifft.

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Wenn ein Querschnitt kompliziert ist, kann das Programm die Berechnung der notwendigen Zahlenwerte wie Querschnittsfläche und Flächenträgheitsmoment (in der Strukturmechanik) übernehmen. Der Anwender muss dazu den Querschnitt (section) in der Ebene skizzieren. Das Programm bestimmt daraus die notwendigen Zahlenwerte für die Elementsteifigkeitsmatrix.

Der Anwender gibt auch an, an welchen Positionen des Querschnitts (Querschnitts-Integrationspunkte) nach der Lösung die integrierten Ergebniswerte bereitstehen sollen.


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Plastizität

Die Aufgabe der Querschnitts-Integrationspunkte wird besonders dann deutlich, wenn der Querschnitt aus unterschiedlichen Werkstoffen zusammengesetzt ist. Dies sind alle Verbundquerschnitte, bei denen für Bereiche des Querschnitts unterschiedliche Materialdaten zutreffen. Ein vergleichbarer Fall liegt liegt vor, wenn für das Material ein nichtlineares Stoffgesetz (Materialgesetz) (zum Beispiel bei Plastizität in der Strukturmechanik) zugrunde gelegt wird.

Hier in der Abbildung rechts ist eine Simulation der Strukturmechanik dargestellt, bei der ein Balken durch ein Moment an den Enden gebogen wird. Es ergibt sich eine lineare Dehnungsverteilung (mit einem linearen Stoffgesetz ergäbe sich damit auch ein linearer Spannungsverlauf). Für die Beziehung zwischen Dehnung und Spannung wird hier ein nichtlineares Stoffgesetz zugrunde gelegt, das bilinear ist. Es ergibt sich aus der Integration über den Querschnitt eine nichtlineare Spannungsverteilung. Diese Verteilung wird nur ausreichend genau abgebildet, wenn eine ausreichende Anzahl von Querschnitts-Integrationspunkten vorgesehen ist.

Theorie

Die Theorie, die dem Balken-Element in der FEM zugrunde liegt, kann nicht kurz und erschöpfend hier dargestellt werden. Es ist zu akzeptieren, dass das Balken-Element eine Idealisierung eines 3-dimensionalen Bauteils darstellt und zahlreiche Annahmen und Vereinfachungen zugrunde liegen. Selbst unter extremen Annahmen (unendlich langer und unendlich schlanker Balken) würde der Umfang enorm sein. In Hinsicht auf die theoretischen Grundlagen ist die Bezeichnung "Balken-Element" nicht eindeutig, je nach Annahmen und berücksichtigten Effekten gibt es Bernoulli-Euler-Balken, Timoshenko-Balken und andere.

Es ist unvermeidbar, dass der Anwender

Selbststudium

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Zum Selbststudium ist hier in einer Bildfolge am Beispiel eines Deckenträgers beispielhaft die Verwendung von Volumen-, Schalen- und Balken-Elementen im Vergleich gezeigt. Die Vorgehensweise und die Ergebnisse der Strukturmechanik werden vorgestellt und diskutiert.

Die Verwendung von verschiedenen Koordinatensystemen bei der Erstellung der Elementsteifigkeitsmatrix und der Gesamtsteifigkeitsmatrix beschreibt eine Folge "Steifigkeitsmatrizen und Koordinatensysteme" an einem Beispiel.

Sonstige Begriffe

Andere Elementtypen sind Volumen-Elemente, Schalen-Elemente, SolidShell-Elemente, ebene Elemente, Stab-Elemente.

In einem FEM-Modell können durchaus unterschiedliche Elementtypen gemeinsam verwendet werden. In solchen Fällen ist aber auf die angemessene Bindung der Freiheitsgrade zu achten.

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